[222] Ein hertzlich-darauff folgendes Klag- und Trawer-Lied über höchstbetrübten den 24. WeinM. 1649. Hintrit auß dieser Welt vor gedachten Chur-Erbens zu Brandenburg in Preussen etc. etc. Hertzogs, etc. etc. des weyland Durchl. Fürsten und Herren, Herrn Wilhelm Heinrich, unsers gewesenen gnädigsten Chur-Printzen und Herren

O Weh, O grosse Noht!
Der Völcker Trost ist tod.
Der ChurErb, unsre Frewde,
Mehrt schon der Sternen Reich
Und lässt durch seine Leich'
Uns in zu tieffem Leide!
Eh' dieser Stral uns schien',
Ach pflagen wir umb Ihn
Nicht Tag und Nacht zu flehen?
Er kam, der wehrte Gast,
Wir sungen: Gott, du hast
Uns gnädigst angesehen!
Auff solche gutte Zeit
Hat uns die Sicherheit
Zu hefftig eingenommen:
Drumb sind wir auch so bald
Umb unsern Auffenthalt,
O Hertzeleid! gekommen.
Der grosse ChurFürst weint,
Die thewre Mutter scheint
Auch schier nicht Trost zu fassen;
Der Groß-Fraw-Mutter Hertz
Birgt in sich diesen Schmertz
Und seufftzet nur ohn massen.
Das Brandenburger-Hauß
Sieht ängst- und kläglich auß,
Der Rein muß schwerer fliessen,
Elb, Oder, Ucker, Spree
An stat des Wassers Weh'
Und heisse Thränen giessen.
Und Preussen wolt' allein
Ohn Schmertz' und Kummer seyn?
O klag für allen Dingen,
Durch diesen Trawer-Stand
Must du auch, armes Land,
Mit deinem Tode ringen.
Du bist vorhin nicht starck,
Betracht dich, schaw, dein Marck
Ist gantz in dir verschwunden:
Erkenn doch dieß Gericht,
Im fall du vormals nicht
Gefühlt hast deine Wunden.
Klagt beydes Weib und Mann,
Zieht grobe Kittel an,
Bestrewet euch mit Aschen,
Seyd aller Schmertzen voll,
Der Busse Seiffe soll
Mit Thränen-Laug' euch waschen.
Wer jetzt sich frölich stellt,
Säufft, Gastereyen hält
Und Lust ihm sucht zu schaffen,
Er sey auch wer er sey,
Ist, allem Recht nach, frey
Mit Thurn und Bann zu straffen.
Jung, Alt und Arm und Reich
Weint ewren Priestern gleich,
Seht ängstig von Geberden:
Schont ewrer Glieder nicht,
Liegt auff dem Angesicht,
Beschmutzt von schwartzer Erden.
Sprecht: Gott, du bist gerecht,
Wir sind die bösen Knecht'
Und reiff zu allen Plagen,
Schon aber deiner Schar
Und laß nicht also gar
Ohn Gnad' uns arme schlagen.
Wir sind Israels Hauß,
Schütt deinen Eiffer auß
Auff die, so dich nicht kennen,
Du siehest ja, daß wir,
Dein Erbtheil, uns nach dir
Und deinem Nahmen nennen.
[223]
Ersetz, wie dir bewust,
Den Schaden und Verlust,
Der, so uns zwingt zu heulen:
Richt dieses Hauß empor,
Vermehr' es wie zuvor
Und gieb ihm newe Seulen.
Der ChurFürst, unsre Zier
Und höchste Rhu nechst dir,
Empfinde newes Leben,
Die Mutter werd' erfrewt,
Laß sie auff dieses Leid
Beständig' Hoffnung heben.
Des hohen Hauses Pracht
Müss' auff die Trübniß-Nacht
Ein Frewden-Licht empfinden:
Schaff allen Raht und Rast,
Was du verwundet hast,
Such wieder zu verbinden.
Uns aber gieb ein Hertz,
Daß wir der Sünden-Schmertz,
Der ewig Weh bringt, meiden
Und tragen seine Zucht,
Die nie was böses sucht,
Gedultig und bescheiden.
Wer weiß, dich kan der Noht,
Die Untergang und Tod
Uns ansagt, noch gerewen:
Auff diesen rawen Ost
Kan deiner Sonnen Trost
Mit Segen uns erfrewen.
O thu' es, und vermehr
So deines Nahmens Ehr'
Hie und auff aller Erden;
Denn du erkennst, was wir
Für solche Gutthat dir
Noch schuldig bleiben werden!

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Gedichte an das kurfürstliche Haus. Ein Klag- und Trawer-Lied. Ein Klag- und Trawer-Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6473-7