[Mit was Gefahr bistu, O Mensch, umbgeben]

[497]
Mit was Gefahr bistu, O Mensch, umbgeben!
Kein Augenblick hält dich vom Tode frey,
Noch sorgest du so wenig für dein Leben,
Und daß dein Ziel dir auff dem Nacken sey.
Ein blosser Dampff, ein ungewisser Tritt,
Wer gläubt es wol, kan unser Letztes seyn,
Der Todt dringt sich bey allen Sachen ein,
Du nimbst ihn stets zu Tisch und Bette mit.
Ein Kriegsmann meynt, er muß im Streit erliegen,
Ein Schiffer wo durch Sturm auff wildem Meer,
Ein Wandersmann, der Mörder werd' ihn kriegen,
Ein andrer scheut das Ende sonst woher.
Ich meide Gift, Empörung, Schiffbruch, Schlacht,
Pest, Hunger, Brandt, Verräterey und Mord,
Und was ich kan, und endlich muß ich fort
Durch einen Tod, auff den ich nie gedacht.
Der fromme Storch kennt seine Zeit gar eben,
Die Sonne weiß, wenn nun ihr klares Licht
Umb Abendzeit uns gute Nacht sol geben,
Der arme Mensch weiß umb sein Ende nicht;
Wie in dem Netz' ein Vogel sich verstrickt,
Und wie ein Fisch ins Garn kömmt ohn gefehr,
So werden wir (ach Jammer!) hin und her
Gantz unverhofft zur bösen Zeit bedrückt.
Kein einigs Ding kan auff der weiten Erden
Gewisser seyn als unser aller Tod.
So ungewiß kan nichts gefunden werden
Als zwar die Zeit und Stunde solcher Noht,
Bloß daß wir stets zu sterben fertig seyn,
(Erkenn auch hie des Höchsten Lieb und Rath)
Und Sicherheit nicht finde bey uns statt,
Die auff uns bringt des andern Todes Pein.
Ach Herr, lehr uns diß alles wol bedencken,
Bring uns die Flucht des Lebens gründlich bey,
Damit wir uns zur rechten Klugheit lencken
Durch steten Haß der Welt und wahre Reu,
Tödt unser Fleisch und laß uns aufferstehn
In Christo, leit uns auff der Warheit Bahn,
Wer solcher Art wird täglich abgethan,
Wird durch den Tod in jenes Leben gehn.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Geistliche Lieder. Trostgedichte.. [Mit was Gefahr bistu, O Mensch, umbgeben]. [Mit was Gefahr bistu, O Mensch, umbgeben]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-679D-6