[49] [51]Zweite Stufe: Liebe

Was Natur in trüben Bächen

still durch alle Seelen gießt,

Dichtermund soll's heilig sprechen

daß es immer reiner fließt.

Aus der Enge in die Weite

drängt der Geist und lockt das Leben;

doch es kann sich erst erheben,

Wen ein groß Gefühl befreite.

[51]

Verloren?

Wie versunkne Himmelreiche
Dir im Auge sah ich quellen
deiner Seele stille Quellen,
und es tauchte aus den Wellen
meiner Unschuld frühe Leiche.
Und von fern auf goldnen Wogen
kam ein Leuchten hergezogen,
und den bleichen Mund umschwebte
sanft ein Glühn, als ob er lebte
und noch Einmal Gott erbebte.
Doch im Wasser hört' ich's wallen,
hohl ein Qualgelächter schallen:
und ich sah mit schwarzen Krallen
drohn die Sünde, und im dunkeln
Schlund ihr grünes Auge funkeln.
Und es rauschte, und die Leiche
schwand hinab; der Glanz verglühte ...
Gieb mir Du zurück die Blüte,
meiner Reinheit tote Blüte,
die versunknen Himmelreiche!

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TextGrid Repository (2012). Dehmel, Richard Fedor Leopold. Verloren. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/