[Ein schwüler Sommerabend]

[178]
Ein schwüler Sommerabend –
Rasch zusammengeballt
Flog ein Gewitter, feuersprühend,
Ueber die alte, sündige Stadt.
Die Erde lechzte
Nach himmlischen Thränen,
Und ich ruhebedürftiger,
Einsamer Fremdling
Trat mit schwülen Gedanken,
Mit sorgenschwerer Brust,
Nach langer Zeit zum erstenmale
In eine graue, kühle Kathedrale.
Im weiten Raum
Nur eine lichte Stelle:
Dort, wo der Gekreuzigte,
Der Heiland mit der Dornenkrone,
Sterbend sein Haupt zur Erde neigt;
Dort, wo des großen Dulders
Weltumfassendes Herz
Durch Priester in weibischen Röcken
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Und durch Weihrauch schwingende Knaben
Gefeiert wird mit Götzendienst,
Und mit kindischen Opfergaben.
Musik durchströmte den Dom:
Drohendem Posaunenrufe
Folgten Versöhnung erflehende,
Weinenden Saiten entschwebte
Hymnen der Liebe;
Süße Frauenstimmen
Priesen den unsichtbaren,
Unbekannten Allerbarmer;
Und ihrer Klänge
Kristall'nen Rosenkranz
Warf eine trauernde Harfe
Empor zu den von der Kuppel
Heruntergrüßenden Engelsbildern
Und ließ die Töne
Milde wieder zur Erde gleiten,
In Thränen verwandelt,
Die als köstlichster Balsam
Auf wunde Seelen tropften –
Da ward es Licht in mir;
Groll und Haß, Zweifel und Abscheu
Erschienen dem reuigen Herzen
Als nichtige Last,
Unwürdig seines Strebens,
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Unwürdig seines tiefen Empfindens.
Und statt gesenkten Hauptes
Mit den andern zu beten,
War ich des Wunsches eingedenk,
Des frommen, reinen Wunsches
Eines frivolen Poeten: 1
»An die dunkle Himmelsdecke,
Wo die goldnen Sterne scheinen,
Möcht' ich meine Lippen pressen,
Pressen wild und stürmisch weinen.«
Nicht knieen kann ich
Vor jenem hohen Schmerzenbilde,
Das mir noch keinen Trost
Und keine Hoffnung gespendet.
Was kümmert mich
Vergängliche Menschensatzung,
Wenn inn're Stimmen mir sagen:
»Nie wurde Gott
Ans Kreuz geschlagen« –?
Nicht glauben kann ich
An deine göttliche Sendung;
Aber ich glaube, Christus,
An deine göttliche Liebe,
Und ich beugte mich tief vor dir
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In jener ernsten,
Feierlichen Stunde,
Vor dir, der heldengroß
Sein irdisches Sein bezwungen;
Und ich pries deine hehre,
Pries deine herrliche Kraft,
Ich, der ich mich verzehre
In kleinlicher Leidenschaft.
Daß der unerforschliche,
Das Weltall bewegende,
Unnahbare Urgeist
Zu mir, dem Atome,
Gnädig herniederschaute,
Ach, kann es sein?
Er, dem allein
Ich mein innerstes Leid vertraute?
Ihn rief ich an: »Laß mich
Nicht länger ringen mit Dämonen;
Laß keinen Geier mir
Das Herz zerfleischen,
Wenn männliches Entsagen
Mich an Prometheus Felsen schmiedet;
Der Leidenschaften Sturmflut mag
Zu meinen Füßen brausen,
Mag ihren prickelnden Schaum
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An meine Lenden spritzen,
Ich bin stark gegen Gelüste,
Schwach nur gegen mein Herz,
Das heilige Schwüre bricht,
Um nicht jedem Entgegenwallen
Mit schnödem Undank zu lohnen.
Schütze mich vor mir selber,
Bewahre mich
Vor Traumgebilden, zärtlichen Launen,
Und vor der Großmut, die mein Herz bestürmt;
Doch wenn es
Sich nicht erheben kann zu freier,
Olympischer Weltverachtung,
Oder zu schöner, allgemeiner,
Sich selbst vergessender Menschenliebe,
Dann möge der
Von mir zur Schau getrag'ne,
Nur meinem Gram entstammte
Frostige Gleichmut
Nicht mehr erkünstelt sein;
Dann komme des Friedhofs Ruhe,
Des Grabes Kälte über mich
Und lasse mein Blut erstarren –
Ich leide, weil ich zu heiß,
Weil ich zu menschlich fühle;
Erlöse mich aus solcher Not!
Innerlich tot sein, nicht nur scheinen,
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Ist das nicht besser,
Als thörichte Sehnsucht
In öde Nacht hinauszuweinen?«
Doch nicht der Friedensengel,
Der Bote mit der umgestürzten,
Auf immer verrauchenden Fackel,
Erbarmte sich meiner Kümmernis.
Ueber meinem Haupte,
In der altersgrauen Kirche
Erklangen weltliche,
In rhythmischem Wellenschlag
Hinsäuselnde, Liebesglück
Und Liebesleid verkündende Weisen:
Bald von silbernen Flötenstimmen
Neckisch hingehauchte,
Bald in Glut getauchte,
Sinnverwirrende Lieder –
Und wieder
Erblaßten die Himmelslichter;
Ich weiß nicht, wie mir geschah,
Doch ein heimgegang'ner Dichter
War meiner Seele nah,
Und ich dachte verronnener Tage
Und seiner Liebesklage:
»Frage mich nicht:
Wie wird's noch mit uns beiden?
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Laß, bis es bricht,
Dem Herzen seinen Wahn;
O, ich versteh'
Dein schönes, frommes Leiden;
Schaust mich mit Weh,
Mit stillem Vorwurf an.«
Und man frage mich nicht,
Wie schrankenlose,
Den fiebernden Sinnen entstieg'ne,
Von melodischem Wellengebraus
Durchflutete Träume
Jetzt die wunderbarste Verwandlung
Vor meine Augen zauberten.
Der Kirche gothische Pfeiler
Wurden zu tausendfach
Von goldumrankten Spiegelwänden
Zurückgestrahlten Feuersäulen;
Auf blumengeschmückter Kanzel
Standen scherzende Masken,
Und von Pause zu Pause
Erschallte bacchantischer Jubelruf;
Auf und nieder wogte
In bunten Scharen, kosenden Paaren,
Ein glänzender Menschenstrom;
Durch den entweihten Dom
Schwirrten bethörende Klänge,
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Erst langsam, dann immer geschwinder,
Gefallener Kinder
Nächtliche Wiegengesänge –
Und tanzend an mir vorüber,
Mit reichen Trachten angethan,
Streiften bekannte Frauengestalten,
Alle wohl erhalten,
Die bald freundlich, bald höhnisch grüßten
Oder zornig die Augen rollten,
Und andre, voller Hochmut,
Die mich nicht mehr kennen wollten.
Doch erstaunte Blicke
Warf die Schönste von allen
Auf mich, den ernsten,
Unscheinbaren Fremdling,
Schmiegte sich, rasch erbleichend,
Fester an ihren Tänzer,
Den jungen, zierlichen Fant,
Und verschwand im Gedränge.
Da schmetterten wilde Fanfaren,
Flammten die Lichter empor
An die glitzernde Decke,
Und noch einmal erschien
Der rosenbekränzte,
Wohlbekannte Lockenkopf,
Und wieder zu mir
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Zündeten dunkle, nie vergess'ne Augen,
Jetzt voller Wehmut, voller Verzeihung.
Du warst es, du, Marietta,
Du, der sündigen Kinder
Schönstes und Bestes;
Leuchtende Perle
In dem von Guten und Schlechten
Gierig geküßten, überall
Geliebten, überall
Verfluchten Erdenschlamme –
Du, die ich einst
So heiß begehrte, so heiß umarmte,
Vergessend, daß dein junges,
Dein lenzerfülltes, lachendes Herz
Mir, dem grämlichen Träumer,
Keine züchtige Liebe,
Keine Treue schenken konnte.
O, seit jenen Stunden,
Wo mich dein Zauber gefangen,
Waren nicht viele, doch dürre,
Schleppende Jahre vergangen;
Und nun, in blendender Schönheit,
Warst du wieder da
Und wecktest ersterbende Flammen.
Ich dachte: wir paßten zusammen;
Denn dem grämlichen Träumer
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Bliebst du zugethan;
Du verleugnest ihn nicht!
Laß, bis es bricht,
Dem Herzen seinen Wahn.
Dürre, schleppende Jahre
Waren vorübergegangen;
Ich hatte wieder
Die weite Welt durchwandert
Und meiner Gedanken Glut
Nur dämpfen, nicht löschen können;
Vieles, vieles
War noch nicht ganz vergessen!
Dein Anblick, Marietta,
Brachte helles Erinnern
An eine nordische Stadt
Und an dein schönes Zimmerchen,
So warm, wenn nächtlicher Schnee
An deine Fenster pickte,
So traulich, wenn im Kamine
Die letzten Scheiter verglommen,
Und der Lampe zitternder Schein
Dein bleiches Antlitz verklärte;
So süß, wenn im weißen Bettchen
An den trostbedürftigen Freund
Sich deine wonnigen Glieder schmiegten
Und dein kindliches, liebes Geplauder
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»Mich durch tiefes Verderben
Ein menschliches Herz erkennen ließ.« 2
Du hieltest mich fest umschlungen,
Und daß ich dich verstieß
Trotz solcher Erinnerungen,
Das war nicht wohlgethan!
Denn jetzt, mein armes Reh,
Schautest du mich mit Weh,
Mit stillem Vorwurf an.
Und diesen Vorwurf
Mit meines Denkens Schärfe,
Mit angeborner Selbstqual ergründend,
Sah ich den wilden Spuk
In matte Formen verschwimmen,
Sah ihn langsam umflossen
Von den Schatten der Nacht.
Wieder umhauchte mich Kirchenluft;
Langgedehnte Orgelaccorde
Gaben der nun vorüberwallenden
Schar der Gläubigen
Ihr mahnendes Heimgeleite;
Und da – an meiner Seite
Erschien eine dunkle Gestalt;
Ich sah durch verschleiernde Spitzen
Freudiger Augen Blitzen
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Und eine zarte, schmale Hand
Legte sich in die meine.
O Wunder! an meiner Seite stand
Marietta, die liebe Kleine.
Sie fragte: »Hat dein Herz
Blinder Stolz gepanzert,
Oder ist es bedrängt
Von neuem Liebeskummer?
Inbrünstig betend lag
Ich auf den Knieen; doch dein Nahen
Entriß mich meiner Andacht;
Mein flehendes Auge hing
An deinen müden Zügen;
Mein ganzes Sinnen war bei dir.
Und dich, den ich tief betrauert,
Dich hat nichts durchschauert?
Sprich! was zog dich hieher?
Bist du weise geworden und fromm,
Bist du gläubig, Freund, und schwach,
Wie liebende Weiber? – Ach!
Nun ist alles vergessen – komm!« –
Und durch das Kirchenportal
Schritten wir schweigsam
Hinaus in die von grüßenden Sternen
Durchfunkelte Finsternis.
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Vorüber war das Gewitter;
Meiner Gedanken Tumult
Stillte die nächtliche Kühle –
Und schweigende Straßen entlang,
Dann durch duftende Gärten
Führte mich Marietta
Vor hellerleuchtete Fenster,
Drückte mir leise die Hand
Und sprach: »Hier ist meine Klause;
Willkommen! – wir sind zu Hause.«
Nicht ohne Furcht
Trat ich über die gastliche Schwelle,
Um auf verlockenden Polstern,
Bei Blumenduft und Lichterglanz
Süßem Plaudern zu lauschen.
Kein trübsinniger Trotz,
Keine germanische Tugend
Wappnet gegen des Erbfeinds,
Gegen Galliens reizende Töchter.
O der entfesselten,
Der unsagbaren Gefühle,
Die bald an Mariettas Brust,
An ihre heiße, wogende Brust
Und bald zurück mich riefen
In meiner Pflichten Begrenzung,
In sichrer Erfahrung Revier,
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In den feurigen Kreis meiner Schwüre!
Der mich umklammernden
Welschen Versuchung zu wehren,
War verdienstliche That;
Ich kämpfte treu und tapfer,
Und als Marietta
Sich zu zärtlichster Liebe bekannte,
Mich den Herrn ihres Lebens nannte
Und mich um ewige Treue bat,
Da sprach, wohl am richtigen Orte,
Ich die gewichtigen Worte:
»Liebe? was ist Liebe?
Du dachtest nicht mehr an mich,
Und flüchtiges, rasches Begegnen
Wirft heute wieder
An mein verwaistes dein erloschnes Herz;
O Marietta!
Nicht Weihrauch willst du von mir
Für deine katholische Seele,
Und ich – ich suche nicht Liebe mehr;
Doch wenn, statt keusche Bitten
In schüchterne Worte zu hüllen,
Ich deinen ambrosischen Leib
Mit heidnischen Küssen bedecke,
Daß berückendste Wollust
Dir jede Fiber durchrieselt –
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Dann, ja dann
Wird brennende Erinnerung,
Verzehrende Sehnsucht
Durch deine, wie durch meine Adern toben,
Wilder lodernd als ewige Liebe.
Dir ist es vergönnt,
Die kurze Trübsal hinwegzulächeln;
Denn deines Lebens Strudel
Verschlingt die Qualen der Erinnerung,
Wirbelt die tiefsten Schmerzen
Empor ans Sonnenlicht,
Daß sie wie Bläschen zerfließen.
Und wenn abends, im schimmernden Saal,
Musik ertönt, wenn süße Weisen,
Dämonenwalzer dich gaukelnd bestricken,
Tausend Zungen dich preisen,
Wird auch in solchen Augenblicken,
Marietta! mein Bild dir erscheinen?
Ach nein! der schäumende Sekt,
Der alsdann deine Lippen befeuchtet,
Wird zur erfrischenden Lethe,
Und selbst in einsamer Nacht,
Im gewohnten Gebete,
Wird meiner nicht mehr gedacht.
Mich aber, den Dichter und Schwärmer,
Erwartet grausame Pein,
[193]
Wenn deiner Umarmung
Ich wieder entfliehe,
Um, ein neuer Tantalus,
In trostloser Wüste
Nach neuen Wonnen zu lechzen;
Wenn ich dem Zauber erliege,
Harren meiner draußen
Schmerzen des Todes,
Bis die allmächtige,
Alles verheerende,
Alles vernichtende Zeit
Selbst dein mit Flammenschrift
In mein dankbares Herz gegrab'nes
Holdes Bildnis erblassen läßt. –
Alles vermag die Zeit;
Doch langsam ist mein Vergessen,
Heißer als anderer
Brennen meine Wunden,
Und ich weiß, was allein
Mich schützt vor grausamer Pein,
Nun wir uns wiedergefunden.
Sieh! für uns beide verscherzt
Ist frommes, friedliches Glück,
Ist jene Liebe, die
Das Leben sanft beleuchtet;
Wir können, dürfen
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Uns nicht gehören –
Unser beider Los
Gleicht einem steten Gewitter
Ueber schwankenden Bäumen,
Und einsam müssen wir hausen,
Du in deinem goldenen Flitter,
Und ich in meinen düstern Träumen,
Ich weiß, daß alles eitel,
Reizlos, farblos alles
Ohne des Weibes
Sinnverwirrende Küsse;
Doch was frommt es, daß dem verarmten,
Dem verkohlten Herzen
Neue Blumen entsprießen?
Daß ich wieder für dich entbrenne?
Ach, ich kenne
Kein ruhiges, frohes Genießen!
Wenn ich dir sagte: Marietta,
Milde, sternlose Nacht
Folge minutenlanger
Zum Himmel jauchzender Treue
Und veredle Wonnen,
Die, für erkaltende Pulse
Nicht mehr erreichbar,
Aus gähnender Tiefe
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Des Todes Gähnen heraufbeschwören;
Es ist genug des Erwachens;
Laß uns in stiller Umarmung,
Mund auf Mund und mein geplagtes Herz
An deinem in letzter Glut
Auflodernden Herzen,
Träumen – verzeihen – vergessen.
Ist Sterben so schwer?
Wäre solches Sterben
Nicht meiner Trauer,
Nicht deines Geschickes würdig?
Ja, wenn ich schmeichelnd
Deine Gewährung erflehte –
Ich kenne dich – weiß, du würdest
In überströmender Großmut
Den unauflösbaren Bund
Mit heiligen Thränen begrüßen,
Würdest ihn, ohne Zögern,
Mit deinen Küssen besiegeln.
Doch es darf nicht sein –
Lustig flattre mein Täubchen empor
Und bade seine Flügel
Im lichten Himmelsäther;
Deiner schmachtenden Augen Glanz
Trübe keine Entsagungsthräne,
Und kein Hauch des Todes berühre
Deiner Glieder sonnigen Marmor.
[196]
Lebe! freue dich
Ohne kränkelnde Reue!
Fort mit der Treue –
Bleibe, wie du bist!
Noch darfst du mit kecker Hand
Den Freudenbecher erfassen:
Füll' ihn bis zum Rand!
Trinke betäubende Lethe
Und zu den Göttern bete,
Daß sie dich jung und schmerzlos sterben lassen!
Schöne Fackelträgerin,
Leuchte Bessern, leuchte Kühnern
In dein mit immer frischen Rosen
Prangendes Brautgemach!
Ich bin nicht, was ich war –
In meine Stirne grub
Das Leben tiefe Furchen;
Auf meine Schläfen ist
Schon etwas Schnee gefallen;
Leb' wohl auf immerdar!
Ich bin nicht heiter,
Bin nicht weise genug,
Um meiner Tage Rest
An deiner Seite zu vertändeln;
Marietta, gute Nacht!
Weil ich, an gottgeweihter Stelle,
[197]
Heute deiner gedacht,
Laß mich, entsagungsstark,
In dir geweihten Gedanken
Draußen, vor deiner Schwelle
An die dunkle Himmelsdecke,
Wo die goldnen Sterne scheinen,
Stürmisch meine Lippen pressen
Und vergehn in stillem Weinen.« 3
Doch stürmisch umschlang mich Marietta,
Preßte ihr lockenumwogtes
Kindliches Antlitz
An meine bebende Brust
Und hob es langsam empor,
Leuchtend in Jugendfeuer,
Und die großen, stolzen,
Die glückverheißenden,
Liebeskundigen Augen
Schauten schmerzlich in die meinen;
Und sie sprach die bittenden Worte:
»Nicht mir dies finst're Gesicht!
Geliebter, Einziggeliebter,
O bleibe! Verschmähe mich nicht!«
Da berauschte mich Götterlust;
Durch meine Adern stürzte
[198]
Ein gewaltiger
Gedankenversengender Lavastrom
Und ich umfaßte die schlanke Gestalt,
Küßte die blühenden Lippen
Und rief: »Ich lasse dich nimmermehr!
Fort mit der Tugend blöden Bedenken;
Dein bin ich, Geliebte, dein!
Ja, das Glück, das süßeste Glück
Ist nur bei dir, Marietta:
Komm! laß uns glücklich sein.« –
– – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – –
O wie sprangen die Brunnen
In Mariettas Blumenpark;
Wie munter pfiffen die Vögel
In der Bäume rauschenden Kronen,
Als rosige Morgendämmerung
Den Scheidenden empfing!
Rang ich da mit Dämonen?
Gähnte mir aus der Tiefe,
Von verschütteten Wegen
Der fahle Tod entgegen?
Und als der Sonne lebendiger Strahl
[199]
Von des Domes goldnen Spitzen,
Wie göttlicher Augen Blitzen
In mein sündiges Herz sich stahl,
Sagt an, ihr dunkeln Gewalten,
Ließ erwachende Scham,
Ließ verzweifelnder Gram
Meine Pulse erkalten,
Daß ich in Grabesschauern erbebte?
Nein! mich belebte,
Nach langen Seelenleiden,
Entzückende Wärme, strahlendes Licht.
Marietta! Marietta!
Frage mich nicht:
Wie wird's noch mit uns Beiden?

Fußnoten

1 Heine.

2 Goethe.

3 Variante nach Heine.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

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