[35] 9. Suspension-Bridge

Wie, das der Niagara? – Mit Verdruß
Rief ich's hinunter von der Eisenbrücke. –
Dort in der Ferne der gespaltne Fluß,
Die Thalschlucht hier, die kleinen Felsenstücke?
Mein Traum, das war ein ew'ger Wolkenbruch,
Das waren Ströme, die vom Himmel brausen.
Ich wollte wie durch einen Zauberspruch
Hineinversetzt sein in der Sündflut Grausen.
O Thorheit, was die Phantasie erschuf!
Das bange Herz betäubt von tausend Wettern,
So wollt' ich, fliehend vor der Hölle Ruf,
Mit Indianern über Felsen klettern
Und plötzlich vor dem Ungeheuern stehn,
Und dann – aus golddurchwirkten Wasserschleiern
Jehovahs Zeichen glorreich blitzen sehn
Und zitternd meine Morgenandacht feiern.
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Ach, was ich hörte, war ein schwacher Schall!
Und blickt' ich auf die beiden Katarakte,
Und lauscht' ich ihrem majestät'schen Fall,
Ich fühlte nichts, was mich gewaltsam packte.
Und doch – wie Selbsterkenntnis langsam nur
Die eitle Menschenseele überflutet,
Besiegte mich die Wahrheit der Natur
Und gab mir alles, was ich nicht vermutet.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dranmor, (Schmid, Ludwig Ferdinand). Gedichte. Gedichte. Wanderbuch. 9. Suspension-Bridge. 9. Suspension-Bridge. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-82BF-2