[13] 6. An Helena

(Bei Zueignung eines größern Gedichtes.)


»Say that thou loath'st me not – that I do bear

This punishment for both – that thou wilt be

One of the blessed – and that I shall die.«

(Manfred.)


Es steht ein Pilgersmann am öden Strande
Und blickt sehnsüchtig übers weite Meer;
Träumt auch sein Herz vom fernen Vaterlande,
Sein Herz ist hoffnungsleer.
Er hat geliebt – wie konnt' es anders sein?
Er hat geglaubt – will einer ihn verdammen?
Er hat verzagt – der Himmel stand in Flammen,
Er ist entflohn – er lebt und stirbt allein.
Helena! Wie die Wolken dort zerfließen,
So starb der Hoffnung letzter Wahn dahin;
Willst du mich noch in deine Arme schließen,
Gealtert wie ich bin?
[14]
O, für die Qual, die ich geduldig trug,
Soll ich dir jetzt ein blödes Lächeln zeigen?
Ein einz'ges Wort nach jahrelangem Schweigen,
Ein einz'ger Gruß – es ist genug, genug.
Ich frage nicht, ob du mir treu geblieben;
Ich kann wohl zweifeln, doch ich zürne nicht;
Denn bist du elend, werd' ich ewig lieben
Dein trauernd Angesicht;
Und bist du glücklich – darf ich freudig nur
In diese Wälder mein Geheimnis bannen.
Du aber schlafe unter grünen Tannen,
Huldvoll verzeihend den gebrochnen Schwur.
Tochter der Sterne! Holde, totenbleiche,
Vergönne mir ein einz'ges, letztes Wort:
Für unser kurzes Glück, das schmerzenreiche,
Gedenke meiner dort!
Wer weiß, ob wir uns jemals wiedersehn?
Ich will mich nicht an Engelsthränen laben;
In diesen Blättern ist mein Herz begraben;
Helena! Du allein wirst mich verstehn.

(1851.)

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dranmor, (Schmid, Ludwig Ferdinand). Gedichte. Gedichte. Wanderbuch. 6. An Helena. 6. An Helena. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-82CF-D