2.

Die Toten schweigen, doch die innre Qual,
Die Selbstanklage hat dich heimgesucht,
Santos Peréz, und dich verflucht, verflucht!
Man lügt nicht vor dem eignen Tribunal,
Man lacht nicht über seiner Ehre Fetzen;
Was du gethan, erfüllt dich mit Entsetzen;
Du hörst das Flehn der armen Kreatur – –
O Held der Wüste! Kinder zu entleiben,
Das eines Mannes Pflicht? – Gefürchtet bleiben
Mag deine starke Faust, die grause Spur,
Das warme Blut ist nicht mehr wegzureiben.
Das Schicksal gab dich der Verfolgung preis;
Du flohst durchs Land wie ein gehetztes Wild,
Ach, vor den Augen stets dasselbe Bild,
Und du, so jung an Jahren, doch ein Greis,
Gebeugt, verzehrt von unheilbarem Kummer,
Angstvollen Tagen, Nächten ohne Schlummer,
Und im Gehirn die namenlose Glut!
[87]
Der Menschen Strafgericht ist ein gelindes;
Doch bei dem leisen Gruß des Abendwindes,
Im Sonnenschein, wie durch des Sturmes Wut –
Du hörtest stets das Weinen jenes Kindes.
Nach langen Monden fanden sie dich dort
Im Hochgebirge, schleppten dich herab,
Und Buenos-Ayres brach den Richterstab.
Sein Anathem, war das ein Schreckenswort?
Nein! Denn vergiftet war dein Lebensbecher.
Du starbst nicht wie ein zitternder Verbrecher,
Als Triumphator stiegst du aufs Schaffot
Und blicktest auf das Volk, das rohe, feile,
Und botest stolz dein Haupt dem Richterbeile,
Denn eine Stimme rief: »Ich bitte Gott,
Daß er auch deine Wunden wieder heile.«

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dranmor, (Schmid, Ludwig Ferdinand). Gedichte. Gedichte. Wanderbuch. 14. Santos Peréz. 2. [Die Toten schweigen, doch die innre Qual]. 2. [Die Toten schweigen, doch die innre Qual]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-8360-A