Steur dich nit auff dein witz.

Er darff keins spiegels / er weyß wol daß er gelert oder schön ist. Sich zuferr ann laden lassen. Es ist aber kein gemeyner angeborner laster / dann eygen lieb vnd wolgefallen / die macht das land voll narren. Ein ieder gibt jhm selbs gewunnen / vnnd verleurt niemand vor jm selbs kein sach. Nun ist aber menschliche witz eitel thorheyt vor Gott / die mann můß verlieren / wil mann mit der weißheyt von oben herab /angethon werden. Die demůt aber / so verzagt / fein mit sorgen nachhin schleicht / vnnd fürsichtig alle gefahr erwigt / die ist sicher / vnnd bleibt lenger in jrer einfalt / dann die andern mit der vile jrer künst vnd geld / vnd erschleichen / ja weil sie all ding mit vortheyl angehen / in vnd mit jrer schwach heyt vnnd thorheyt mehr dann jhener stärck / reichthumb vnd witz vnd gehn gemach weiter / dann jhene lauffen. Was auff geblasen / ist ler / vnnd alleyn voll dünst vnnd wind / also alle vermessenheyt / je höher sie steigt / je schwerer plumpet der last ins Meer. Der aber nicht mehr auff sich nimpt / dann er ertragen /der kompt nicht vmb: So mann aber das liedlin zuhoch anfahet zusingen / vnd den bogen überspannen wil / so schnellet er entzwey / vnd můst mitten im lied bestecken.

Als ein freudig Rosss inn krieg eilet / sprach zu ihme ein Mülesel / er solt seines weychen [367] bauchs warnemen / vnnd nicht also zu seinem verderben eilen. Das Pferdt sprach: O du zagtes Müllerthier / Sůch dir etwa ein höle vnnd verkriech dich zun Meusen / Lieff in dem in die feind / vnnd ward in der schlacht tödtlich verwundt. Der Esel kam auff die walstat / fand es halb todt / lacht sein / vnnd můste das pferdt den spott zum schaden haben.

Nun auß der angbornen eygnen lieb kompt daß einem ieden sein weise am besten gefellt / Ob gleich der Aff vnnd Eul inn spiegel sihet / so ist doch die natur inn vihe vnnd leuthen so blindt / daß iede creatur mit eygner liebe besessen / sich selbs nicht kennet / sihet oder sehen kan. Seinn lastersack auff dem rucken hangen / vnnd sein kühaut an der stirn überschriben / kan er nicht lesen oder sehen. Ist er dann vor eim spigel / so kompt alle schrifft letz / daß ers aber nicht lesen kan. Darumb bleibet der mensch ewig inn seinen eygnen sachen vnnd gegen jhm selbs blindt vnnd ein narr / vnnd sihet der pfaw nur sein schönen federn / der bock sein gehörn an / die füß wil aber der pfaw / vnnd den hindern der bock nicht sehen / mann zeyg jms dann.

Wann wir nun vns von aussen also sůchen / vnnd dem spiegel / vnnd nicht mehr vnserem gewissen / das tausent zeug ist / trawen / vnnd ein maul lassen ma chen / so findt mann allweg federwüsch vnnd füchsschwäntz / die den falben hengst streichen / den affen träen / vnnd bescheren / Das süß vmbs maul streichen / vnd das ist das köder damit mann die narren fahet. Mit der Landes / vnd dem liedlin placebo fahrt mann die narren / spricht Salomon / Wie das fewr das Silber / also probiert des lobenden mund die narren / wer jm das lob andechtig laßt eingehen / bezeugt damit daß er ein Narr ist. Also fahet mann die thörechten meuß /so mann jn ein specklin auff die fallen legt / Zu den gscheiden ratzen vnd katzen můß mann ein ander köder haben. Wider dise geidnarren klingen die Sprichwörter: Er reckt den schwantz übers näst auß. Er macht sich breyt. Er helt sich selbs feucht. Er darff keines spiegels. Er weyb wol daß er reich / schön /gelert ist. Er feret hoch daher. Er laßt sich weit hinauß / Er thůt sich hoch herfür.

Was sich nun also auffbrüst / vnd wie Lucifer /sich etwas sein / vnnd Gott gleich duncken laßt / der můß hinunder vom himel gestürtzet in die hell / vnd wie Dedalus / Icarus vnd Phaeton / den wagen verfüren.


Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Egenolff, Christian. Steur dich nit auff dein witz. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-8C58-5