Aus dem neuen Völker-Frühlingg

Motto: Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.


Heilige Gewässer wälzen
Sich vom Grat des Himalaya,
Und die Muse geht auf Stelzen,
Kaufbesorgt vom Sohn der Maja:
Aus erloschner Felsengrotte
Tönet delphisches Orakel,
Doch die Welt steht vor dem Gotte
Mit der umgekehrten Fackel.
Wenn sich Selene entschleiert dem Pol,
Dunkler Geheimnisse Schmerz-Alkohol
Jauchzt in Phiolen und schäumet Mirakel.
Aus dem Geisterland der Skythen
Weht es ahnungsvoll herüber,
Durch die Dämmerung der Mythen
Zittern Schwerter, gros Kaliber.
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Fluch, o Fluch dem kranken Wahne,
Segen jeder stummen Klage,
Tröstung jeder Karawane,
Friede jedem Sarkophage!
Sonnig im Ozean schlummert das Ei
Seliger Insel und Akakelei
Strahlt vom Skorpion und entschimmert der Waage.
Lasset mich vom Aetna schreiten
Ueber hadesgraue Schlacken,
Laßt mich in die Fluth der Zeiten
Tauchen mit dem Priesternacken;
Unabsehbar schleichen Züge
Schneegezeugter wilder Ahnen
Um die eingesargte Lüge
Des Jahrhunderts der Alanen.
Zweifelhaft ist die Unsterblichkeit,
Hol mich der Teufel eh' morgen als heut,
Neue Geschlechter zahnen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Eichrodt, Ludwig. Gedichte. Lyrische Karrikaturen. Lyrische Karrikaturen. Aus dem neuen Völker-Frühlingg. Aus dem neuen Völker-Frühlingg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9D62-8