[135] Im Irrenhaus

Des Dichters Kraft und Schwinge brach
Von Neid und Not gehetzt,
Im Narrenturm ein eng Gemach
Giebt Herberg ihm zuletzt.
Einst war er jung und sang hinaus
Was ihm die Brust bewegt,
Nun haben sie in dieses Haus
Den Graubart festgelegt.
Sie lachten und sie höhnten sein,
Da er von Edlem sang.
Der Zweifel bat sich bei ihm ein,
Die Sorge bat nicht lang.
Da wuchs sein Trotz, da stieg sein Stolz
Hoch über Hohn und Spott,
Da ward an seinem Marterholz
Er zum geschlagnen Gott:
»Die Welt ist mein! Ich schuf zur Lust
Sie euch mit Schaffensschmerz,
Ich griff hinein in meine Brust
Und schenkte euch mein Herz.
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Ihr aber habt die Welt zerpflückt,
Geschändet plump und roh,
Habt mir mein reiches Herz zerdrückt,
Und ich verblute so.« –
In Zellennacht, in Wahnsinnsnacht
Entschlief ihm Schmach und Pein.
Was ihm da draußen nie gelacht,
Hier nannt' er's dreifach sein.
Er sah verzückt den Himmel auf,
Sah Krone nah und Kranz,
Und sterbend schwang er sich hinauf
Zu vorgeahntem Glanz.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Falke, Gustav. Gedichte. Mynheer der Tod. Vermischte Gedichte. Im Irrenhaus. Im Irrenhaus. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A48F-F