Die Peitsche euch!

Mit Peitschen will ich euch schlagen,
Mit flammenden Peitschen,
Bis ihr aufschreit:
Halt ein,
Wir haben gefrevelt!
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Wo sind die gemordeten Seelen,
Die Opfer eurer schlangengiftigen Klugheit?
Leicht, froh, sprang er ins Feld,
Der Genius mit dem Kinderlachen,
Seine Hand klatschte Lust,
Und sein Mund tönte
Freudengesänge.
Wehe! er kannte euch nicht,
Die ihr in Erdlöchern haust,
Stumpf,
Himmelsbotenklängen taub
Und maulwurfsweisheitgebläht.
Tötet ihn, tötet ihn,
Er lästert Gott!
Und ihr schlugt ihn
Und kreuzigtet ihn mit Hunger
Und lachtet:
Seht, welch ein Narr!
Peitschen will ich euch,
Bis ihr im Staube heult!
Wo ist die Sonne, die aufging,
Die ihr nicht begeifert,
Weil sie eure glückliche Nacht störte,
Eure schlafwarmen Höhlen
Dem Tag preisgab.
Wo die Sonne,
Der ihr nicht
Die Sonne von gestern lobtet:
Schäm dich,
Wie matt du brennst.
Die Peitsche euch!
Die ihr vom Blut des Genius lebt
Und ans Kreuz des Gemordeten
Eure grabschänderischen Kränze hängt:
Seht, welch ein Gott!

Notes
Aus »Tanz und Andacht. Gedichte aus Tag und Traum«, Erstdruck: München (Albert) [1893].
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Falke, Gustav. Die Peitsche euch!. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A51A-F