Gulbrandsdal

Die Felsen sind steil, die Schlucht ist schmal,
Der Snöhättan blickt auf Gulbrandsdal.
Und weht es im Sommer heiß und schwül,
So halten die Felsen den Talgrund kühl,
Und starrt es im Winter hoch oben von Eis,
So sprudeln unten die Quellen heiß,
Herbststürme ziehen drüber hin,
Nur Frühling und Friede wohnen darin,
Kein Fieber schleicht, keine Krankheit geht um,
»Tal des Lebens« heißt es drum.
Und die Menschen im Tal verlassen es nie,
Zu hohen Jahren kommen sie,
Keine Last, keine Sorge beugt ihre Gestalt,
Sie werden weiß, aber sie werden nicht alt.
Und drei Lebelang sehen dem Leben sie zu,
Da sind sie müd' und verlangen nach Ruh',
Und sie rufen den Tod, der aber spricht:
»Ihr müßt kommen, ich komme nicht.«
Und sie steigen hinauf. Und zum ersten Mal,
Um zu sterben, lassen sie Gulbrandsdal.
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Notes
Entstanden zwischen 1868 und 1885, Erstdruck 1888.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Fontane, Theodor. Gulbrandsdal. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B008-D