[197] Emanuel Geibel
Heroldsrufe
Zeitgedichte

»Ihr Sterne seid mir Zeugen,

Die ruhig niederschaun,

Wenn alle Brüder schweigen

Und falschen Götzen traun:

Ich will mein Wort nicht brechen

Und Buben werden gleich,

Will predigen und sprechen

Vom Kaiser und vom Reich.«

Max von Schenkendorf.

[203] Von 1849 bis 1866

Deutschland

1849.


Ein Jahr lang rangest du in bittern Wehen
Gleich einem Weibe, das da will gebären,
Hinströmen sah ich deine blut'gen Zähren,
Und deine Seufzer, Deutschland, hört' ich gehen.
Wohl trug ich Leid, dich so in Qual zu sehen,
Doch eine Hoffnung wagt' ich fromm zu nähren,
Es werd' aus deines Schoßes dunklem Gären
Die Eintracht wie ein lächelnd Kind erstehen.
Mich trog ein Wahn. Dein Weinen ging verloren,
Verloren alle Not, so du erlitten;
Doch die darüber jauchzen, acht' ich Toren.
Denn Ahnung sagt mir, stets umsonst bestritten,
Nun werde solche Frucht einst ungeboren
Mit scharfem Stahl aus deinem Leib geschnitten.
[203]

Wie rauscht ihr Waldesschatten

1849.


Wie rauscht ihr Waldesschatten
So kühl noch weit und breit!
Wie schaut im bunten Kleid
Ihr Blumen nur so lustig aus den Matten!
Wie mögt ihr Vöglein pfeifen
In dieser argen Zeit! –
Mir ist so trüb, ich kann es kaum begreifen.
[203]
Ist's doch ein Traum gewesen,
Der sonder Spur verschwand,
Daß du, mein deutsches Land,
Noch einmal seist zu Ehren auserlesen.
Und wo in vor'gen Tagen
Der Stuhl des Kaisers stand,
Wächst fort das Gras; das muß ich ewig klagen.

Klage

1850.


Das treibt das Blut mir heiß ins Angesicht,
Daß, wo ich schweifen mag im fremden Lande,
Ich hören muß des deutschen Namens Schande
Und darf nicht sagen, daß man Lüge spricht,
Ob mir vor Gram und Scham das Herz darob zerbricht.
Denn ach, der Mund, einst aller Treue Hort,
Der deutsche Mund, des Spruch gleich teuren Eiden,
Von Zucht und Wahrheit lernt' er sich zu scheiden;
Zerbrechlich worden ist wie Glas sein Wort,
Und seine Schwüre taun wie Schnee um Ostern fort.
Und du, o deutsches Schwert, das scharf gefegt
Durch hundert Schlachten kühn sich Bahn gebrochen,
Was zagst du, in der Scheide nun verkrochen,
Als wärst du Schilf, das keine Wunden schlägt,
Sobald nur Moskaus Zar die Stirn in Runzeln legt!
Ach, da's um Treu' und Mut bei uns geschehn,
Da neigt' ihr Haupt und starb die deutsche Ehre –
Fragt nach bei Schleswig zwischen Meer und Meere!
Dort liegt sie eingescharrt; die Winde gehn
Mit Pfeifen drüber hin. Wann wird sie auferstehn!

[204] Konferenz von London

1852.


O Land am blauen Sunde,
Mit deutschem Blut getauft,
So bist du denn zur Stunde
Verraten und verkauft!
Die Herrn am grünen Tische
Verdammen dich zum Joch;
Zwar schienen faul die Fische,
Allein man briet sie doch.
Wo Franzmann, Brit' und Russe
Nach ihrem Sinn getagt,
Da ziemt's, daß man zum Schlusse
Gehorsamst Amen sagt.
Was gilt denn auch der Bettel
Von Deutschlands Ehr' und Ruhm,
Glückt nur der Küchenzettel
Fürs dän'sche Königtum?
Was sind zwei Herzogshüte,
Die man vom Reiche bricht,
Wenn Seiner Lordschaft Güte
Ein Lächeln uns verspricht?
Und doch, ihr Köch' und Meister,
Mir bangt, daß blitzbewehrt
Ein Schwarm einst zorn'ger Geister
Aus eurem Kessel fährt.
Dann wird's wie Sturmesbrausen
Durch Deutschlands Stämme gehn,
Dann werdet ihr mit Grausen
Die Welt in Flammen sehn,
[205]
Bis jenes Blatt der Schande,
Das feig ihr unterschriebt,
Verzehrt vom Riesenbrande
In alle Winde stiebt.

Böse Träume

1850.


Ich ließ mein Rößlein grasen
Im Wald an Baches Rand
Und lag auf kühlem Rasen
Und dacht' ans Vaterland.
Und bei des Baches Rinnen
Entschlief ich unterm Baum;
Da wob vor meinen Sinnen
Ein dreifach Bild der Traum.
Ich sah ein Volk von Immen,
Das ohne Weisel fuhr
Und mit verworrnen Stimmen
Hinschwärmte durch die Flur.
Nach allen Winden zogen
Sie ziellos kreuz und quer
Und hatten sich bald verflogen
Und fanden sich nimmermehr.
Ich sah ein Bündel Pfeile
In blöder Knaben Hand,
Die trieben kurze Weile
Und lösten Ring und Band.
Sie spielten mit den Rohren
Uneins und ungeschickt;
Die Hälfte ging verloren,
Die Hälfte ward zerknickt.
Ich sah, wie ein Karfunkel
Verschmäht am Kreuzweg lag;
Von Staube war er dunkel,
Zerspellt von Stoß und Schlag.
[206]
Die Krone der Welt zu schmücken
Geschaffen deucht' er mir;
Nun haschte nach den Stücken
Der fremden Raben Gier.
Da wacht' ich auf beklommen
Und stieg zu Roß in Hast;
Die Sonne war verglommen,
Das Spätrot war verblaßt,
Im kühlen Abendschauer
Von dannen ritt ich stumm.
Mein Herz verging in Trauer
Und wußte wohl, warum.

Fahnentreu

1850.


Weil auf blut'gem Plane
Heut ihr Stern erblich,
Ließest du die Fahne
Deiner Wahl im Stich?
Deine Waffen ehrlos
Würfst du in den Sand
Und ergäbest wehrlos
Dich in Feindes Hand?
Nein! Und mag den Streichen,
Strauchelnd Schritt für Schritt,
Zahme Klugheit weichen:
Weiche du nicht mit!
Kannst du nimmer siegen,
Zeugen darfst du frei
Durch ein stolz Erliegen
Für dein Feldgeschrei.
Bis sie dich durchbohren,
Trutze drum und ficht;
Gib dich selbst verloren,
Nur dein Banner nicht.
[207]
Andre werden's schwingen,
Wenn man dich begräbt,
Und das Heil erringen,
Das dir vorgeschwebt.

Ein Gedenkblatt

1851?


Am Samstagmorgen vor Palmarum war's
Im Jahre, da man Neunundvierzig schrieb,
Daß mich die goldne Sonne des Aprils
Aus meinem alten Nest am Hafendamm
Hinab ins Freie lockte. Draußen zog
Der Fluß, von mächt'gen Segeln schon belebt,
Blauglänzend hin, und in den Lüften schwamm
Des Frühlings ahnungsvolles Hoffnungslied.
Mir aber wuchs das Herz bei diesem Ton,
Als müßt' er Glück verkünden. Ruhiger
Gedacht' ich an der Zeit verworrnen Kampf
Und an die Zukunft, deren Los vielleicht
In diesem Augenblick geworfen ward.
Da, wie ich so am Damm des Ufers noch
Vertieft hinabschritt, kam mein Jugendfreund,
Der blonde Maler, hastig und erregt,
Daß Bart und Haar ihm flog, des Wegs daher,
Und sein des Lächelns ungewohnt Gesicht
Erglänzte wie vom Frührot übersonnt.
So rief er mir entgegen: »Weißt du's schon?«
Und da mein Blick ihn fragte, quollen ihm
Aus tiefster Brust die Worte: »Freue dich!
(Und seine Stimme zittert', als er sprach)
Ein Deutscher Kaiser ist gewählt am Main,
Und seine Boten sendet ihm das Reich.«
[208]
Und während er von allem, wie's geschah,
Mir nun Bericht gab, sieh, da schmückten sich
Die alten Zackengiebel längs dem Fluß
Mit frohen Fahnen schon, und grüßend flog
An manchem Schiff ein deutscher Wimpel auf
Und wallte breitentrollt im Morgenwind.
Und jetzt, von Turm zu Turm einfallend, scholl
Der Glocken Chorgesang und kündigte
Das Fest der Palmen an. Mir aber war's,
Als läutete man ein das Deutsche Reich,
Und das Hosanna, das in meiner Brust
Andächtig widerklang, zwei Königen,
Die ihren Einzug hielten, galt's zumal,
Dem himmlischen und dem von dieser Welt.
Auf Windesschwingen flog von Haus zu Haus
Die Kunde weiter, da begann im Glanz
Der Frühlingssonne durch die Gassen hin
Ein festlich Wogen. Freunde tauschten rings
Bewegten Handschlag, Feinde grüßten sich,
Als wäre plötzlich aller Zwist gesühnt,
Und manches Auge, das ich längst im Staub
Der Akten oder überm Rechnungsbuch
Verhärtet glaubte, sah ich freudenfeucht.
Denn was wir alle, sei's mit klarem Geist,
Sei's dunkel nur im angebornen Trieb
Gewünscht, gehofft, ersehnt, nun schien's erfüllt.
Ich aber stieg zu Pferd und ritt hinaus,
Die Stille suchend. O wie deuchten mir
Voll Melodie die Lüfte, die im Flug
Das Haar mir streiften, wie so schön der Wald,
Der, kaum von grünem Schimmer überhaucht,
Jungfräulich schauert' in des Werdens Lust!
Die Quellen brausten, aus den Wipfeln scholl
Der Ruf der Vögel, und seitab vom Pfad
Wob um die Stämme zitternd Dämmerlicht.
In solcher Waldnacht saß wohl Heinrich einst,
[209]
Der blonde Sachsenheld, den Finkenschlag
Belauschend, als ihm Herzog Eberhard
Den Purpur und die heil'ge Lanze bot.
Ich sah ihn vor mir fest und wetterbraun
Im schlichten Jagdwams und im Kreis umher
Der großen Botschaft Werder allzumal.
Er aber sprang empor vom Vogelherd,
Dem Adler gleich, der seinen Flug beginnt,
Und nahm das Pfand des Reichs und tat den Schwur,
Dem deutschen Volk ein Vaterland zu baun,
Und klar im ruh'gen Feuer seines Blicks,
In seines Worts einfacher Hoheit lag
Die Bürgschaft des, was er verhieß. Da bog
Das Knie vor ihm die stolze Frankenschar
Und huldigt' ihm mit Jauchzen, und mein Herz,
Im Sonnenaufgang frühster Ruhmeszeit
Das Bild des heut'gen schauend, jauchzte mit,
Und Tränen weint' ich, Tränen, wie ein Mann
Sie weinen darf, wenn überwältigend
An seine Brust ein großes Schicksal pocht.
Es war ein froher Tag –
Was später kam,
Ihr wißt es alle. Keinen Hüter fand
Das uralt heil'ge Kleinod unsres Volks.
Die Hand, schon zum Ergreifen ausgestreckt,
Verschloß sich plötzlich, und zu Boden fiel
Des Reiches Apfel. Waisen blieben wir,
Wie wir's gewesen dreiundvierzig Jahr',
Und an den Weiden hängten wir aufs neu'
Die Harfen auf, und durch die Saiten ging
Des Windes Seufzen. O, wann bringt ein Tag
Dem Vaterlande die Gestirnung wieder!

[210] An. F.C.

Februar 1851.


Durch die klare Luft im Winde
Segeln heut mir die Gedanken,
Dich, mein hoher Freund, zu grüßen
Ziehn sie nach dem Strand der Oder.
Nicht im engen Krankenzimmer,
Wo ich, ach, dich ließ beim Scheiden,
Im bereiften Winterfroste
Suchen sie den rüst'gen Weidmann.
Frischen Muts und hellen Auges
Hoffen sie dich dort zu finden,
Heiter, wie in jenen Tagen,
Da du zu Gastein dich sonntest.
Schönes Wildbad! Oft noch steigst du
Vor mir auf; in meine Träume
Weht es kühl dann wie Gebirgsluft,
Klingt es wie des Älplers Zither.
Wieder dann die schwarzen Tannen
Seh' ich nicken überm Abgrund,
Und den Sturzbach durchs Geklüft
Hör' ich leidenschaftlich brausen.
Und die himmelhohen Wände
Gipfeln sich vor mir wie Zinnen
Einer Geisterburg; du trafst
Dort mit sichrem Blei die Gemse.
Dann gedenk' ich auch des Tages,
Da durch Alpenrosenfelder,
Durch Geröll und Schnee wir klommen
Nach des Gamskarkogels Spitze.
Mühsam war der Pfad; die Pferde
Stutzten oft am jähen Abhang,
[211]
Aber droben im kristallnen
Mittagsglanze welch ein Ausblick!
Um uns her unendlich lag es
Wie ein Meer von Riesenwogen,
Jede Wog' ein Bergesgipfel,
Jeder Woge Schaum Lawinen.
Und du nanntest mir die Höhen:
Watzmann, Herzog Ernst, Großglockner –
Doch den höchsten Berg in Östreich
Hab' ich damals nicht gesehen.
Schwarzenberg ist der geheißen
Und zur Zeit so hoch geworden,
Daß er seinen kalten Schatten
Wirft von Wien bis in die Ostsee.
In dem Schatten dieses Berges
Wachsen auch die Zauberstäbe,
Welche jetzt die Welt regieren
Und das deutsche Reich insonders.
Haselstöcke nennt das Volk sie;
Ach, von weißen Hexenmeistern
Nach dem Takt geschwenkt, du glaubst nicht,
Welche Wunder sie verrichten.
Blutrot wandeln sie in Schwarzgelb,
Adler in geduld'ge Spatzen,
Ja, man lernt sogar Geschichte
Und Geographie von ihnen,
Lernt, daß Slawen stets und Deutsche
Sind ein Brudervolk gewesen,
Daß ein Dänenfluß die Eider,
Und daß Preußen liegt – im Monde.
In der freien Reichsstadt Lübeck
Hör' ich täglich jetzt ihr Sausen;
[212]
Die Musik spielt auf dazu:
»Gott erhalte Franz den Kaiser!«
's ist ein schönes Lied, ich lerne
Schon die Weise; binnen kurzem
Wird man von Triest bis Rendsburg
Doch nichts andres singen dürfen.
Ja, wer weiß, wenn ich zum Herbste
An der Oder heim dich suche,
Ob's im Wald von Heinrichslust
Nicht bereits die Vögel pfeifen.
Doch genug! Leb' wohl, mein Fürst,
Und verzeih mein formlos Scherzen;
Seit die Welt so ungereimt ward,
Schreib' ich ungereimte Verse.

Halte die Hoffnung fest

1851.


Wenn der Morgen, der heute tagt,
Nichts als Trümmer dich schauen läßt,
Unter Trümmern noch unverzagt
Halt im Herzen die Hoffnung fest!
Mag dies irre Geschlecht mit Hohn
Ihrer spotten, verzweifle nie,
Und im Sterben an deinen Sohn
Als dein Kleinod vererbe sie;
Daß er harre wie du getreu
Und gerüstet zu frischer Tat,
Wenn zu scheiden vom Korn die Spreu
Einst der Tag der Erfüllung naht,
Jener Morgen von Gott gesandt,
Der bei klingendem Schwerterstreich
Im zerstückelten Vaterland
Neu aufrichtet das deutsche Reich.

[213] Pause

1856.


Wer will's denn leugnen, daß in unsern Tagen
Ein rascher Pulsschlag sich lebendig regt,
Daß rings ein frischer Geist die Welt bewegt,
Und die Gedanken neue Flüge wagen?
Die Wissenschaft zertrümmert ohne Zagen
Manch dumpfe Schranke, die uns eingehegt,
Der Baum der Freiheit, der schon Blüten trägt,
Verheißt, dereinst uns goldne Frucht zu tragen.
Ein Großes aber mangelt dieser Zeit:
Das eigne Dach und Fach, das mit Vertrauen
Die Brust erfüllt, und drin die Rast gedeiht.
Noch heimatlos, bei Sonn' und Wettergrauen
Sitzt sie auf Trümmern der Vergangenheit
Und Quadern, für der Zukunft Bau gehauen.

Ungeduld

1857.


So winterlich noch schaudern
Die Lüfte weit und breit;
O Lenz, was soll dein Zaudern?
Es ist schon Blühens Zeit.
Im Tal und in den Herzen
Das Eis ist schier zertaut;
Nun ruft nach dir mit Schmerzen
Die bange Sehnsucht laut.
O komm, uns zu erquicken,
Und bring' in Donnerschlag,
In Guß und Sonnenblicken
Den Auferstehungstag.
Wir können's kaum erwarten:
Wann wird die Eiche grün?
Wann wird im deutschen Garten
Die Kaiserkrone blühn!

[214] Wann, o wann?

1858.


Wann doch, wann erscheint der Meister,
Der, o Deutschland, dich erbaut,
Wie die Sehnsucht edler Geister
Ahnungsvoll dich längst geschaut:
Eins nach außen, schwertgewaltig
Um ein hoch Panier geschart!
Innen reich und vielgestaltig,
Jeder Stamm nach seiner Art!
Seht ihr, wie der Regenbogen
Dort in sieben Farben quillt?
Dennoch hoch und fest gezogen
Wölbt er sich, der Eintracht Bild.
Auf der Harfe laut und leise
Sind gespannt der Saiten viel;
Jede tönt nach ihrer Weise,
Dennoch gibt's ein klares Spiel.
O, wann rauschen so verschlungen
Eure Farben, Süd und Nord!
Harfenspiel der deutschen Zungen,
Wann erklingst du im Akkord!
Laß mich's einmal noch vernehmen,
Laß mich's einmal, Herr, noch sehn!
Und dann will ich's ohne Grämen
Unsern Vätern melden gehn.

Seid eins!

1859.


Wie lang noch eifersücht'gen Mutes
Verzehrt ihr euch in Streit und Neid?
Ihr Volksgeschlechter deutschen Blutes,
Besinnt euch endlich, wer ihr seid!
Schon donnert's überm Eidergrunde,
Schon wölkt sich's am Gestad' des Rheins;
[215]
Es rinnt der Sand der elften Stunde,
Und jedes Sandkorn mahnt: Seid eins!
Seid eins! Von Gau zu Gau verkündigt
Ein Fest der Sühnung insgemein!
Wo all in gleicher Schuld gesündigt,
Ist's da so schwer denn, zu verzeihn?
Seid eins! Vom Schmähn und vom Verklagen,
Vom Hadern laßt, wer Führer sei;
Der Kühnste soll das Banner tragen,
Und der am treusten deutsch und frei.
Seid eins! Kein Griff nach fremder Krone!
Der Eichbaum wipfle vielverzweigt,
Doch Heil dem König auf dem Throne,
Der vor des Reichs Panier sich neigt!
Seid eins und laßt euch nicht zerspalten
Durch Priesterzorn und Leugnerspott!
Mag jeder seiner Kirche walten,
Wir glauben all an einen Gott.
Seid eins im Glück, seid eins im Leiden,
In Wort und Tat, in Spruch und Schlag,
Was auch der Erbfeind, euch zu scheiden,
Verheißen oder dräuen mag!
Seid eins, so donnert seinen Segen
Der Herr der Herrn vom Himmel drein,
Und sprechen mögt ihr allerwegen:
»Hie deutsches Schwert! So soll es sein!«

Gesang der Prätorianer

1859.


Heil dem Gewalt'gen, Heil dem Kaiser,
Dem Herrn im blut'gen Kriegsgezelt!
Er gibt uns Gold und Lorbeerreiser,
Wir geben ihm dafür die Welt.
[216]
Denn scheu vor unsrer Adler Blitzen
Zu Boden fliegt der Völker Blick;
Wir tragen auf den Lanzenspitzen
Das Heil des Reichs, der Welt Geschick.
Als Herrscher ziehn wir durch die Lande,
Er hat den Willen, wir die Macht;
Hohnlachend jedem Widerstande
Läßt er uns los im Feld der Schlacht.
Ob tausend über tausend sinken,
Was kümmert's ihn? Er zwingt das Glück;
Wir bringen ihm beim Schall der Zinken
Aus jedem Sturm den Sieg zurück.
Dann lobt und kost er seine Meute,
Und was uns zufiel, teilt er ein;
Für ihn der Ruhm; für uns die Beute,
Für uns die Weiber und der Wein!
Da bricht die Lust aus allen Zügeln,
Da flammt die Feuersbrunst ins Tal;
Auf Städteschutt und Leichenhügeln
Beginnen wir das Bakchanal.
So wälzt er uns wie Lavafluten
Von Siegesfeld zu Siegesfeld
Und schreibt von Nacht zu Nacht mit Gluten
Sein Machtgebot ans Himmelszelt.
Er spricht – wer wagt zu widersprechen!
Wer fragt noch, was beschworen sei!
Er will – und die Verträge brechen,
Die moos'gen Tafeln, morsch entzwei.
Mag knirschend ihn der Bürger hassen:
Er bangt und schweigt, das ist genug;
Der Pöbel jubelt auf den Gassen
Stets dem, der ihn in Ketten schlug.
Was ist das Recht? Ein Schreck der Zahmen –
Was ist die Freiheit? Wahn und Spott –
Was sind die Götter? Hohle Namen –
Der Kaiser ist auf Erden Gott.
[217]
Triumph! Triumph! Und wenn hienieden
Kein Wort mehr schallt als seines nur,
Dann ist das Kaisertum der Frieden,
Dann ist erfüllt sein hoher Schwur.
Drum Heil dem Starken, Heil dem Kaiser,
Dem Herrn im blut'gen Kriegsgezelt!
Er gibt uns Gold und Lorbeerreiser,
Wir geben ihm dafür die Welt!

Einst geschieht's

1859.


Einst geschieht's, da wird die Schmach
Seines Volks der Herr zerbrechen;
Der auf Leipzigs Feldern sprach,
Wird im Donner wieder sprechen.
Dann, o Deutschland, sei getrost!
Dieses ist das erste Zeichen,
Wenn verbündet West und Ost
Wider dich die Hand sich reichen.
Wenn verbündet Ost und West
Wider dich zum Schwerte fassen,
Wisse, daß dich Gott nicht läßt,
So du nicht dich selbst verlassen.
Deinen alten Bruderzwist
Wird das Wetter dann verzehren;
Taten wird zu dieser Frist,
Helden dir die Not gebären,
Bis du wieder stark wie sonst,
Auf der Stirn der Herrschaft Zeichen,
Vor Europas Völkern thronst,
Eine Fürstin sondergleichen.
Schlage, schlage denn empor
Läutrungsglut des Weltenbrandes!
Steig als Phönix draus hervor,
Kaiseraar des deutschen Landes!

[218] Deutschlands Beruf

1861.


Soll's denn ewig von Gewittern
Am umwölkten Himmel braun?
Soll denn stets der Boden zittern,
Drauf wir unsre Hütten baun?
Oder wollt ihr mit den Waffen
Endlich Rast und Frieden schaffen?
Daß die Welt nicht mehr, in Sorgen
Um ihr leichterschüttert Glück,
Täglich bebe vor dem Morgen,
Gebt ihr ihren Kern zurück!
Macht Europas Herz gesunden,
Und das Heil ist euch gefunden.
Einen Hort geht aufzurichten,
Einen Hort im deutschen Land!
Sucht zum Lenken und zum Schlichten
Eine schwerterprobte Hand,
Die den güldnen Apfel halte
Und des Reichs in Treuen walte.
Sein gefürstet Banner trage
Jeder Stamm, wie er's erkor,
Aber über alle rage
Stolzentfaltet eins empor,
Hoch, im Schmuck der Eichenreiser,
Wall' es vor dem deutschen Kaiser.
Wenn die heil'ge Krone wieder
Eine hohe Scheitel schmückt,
Aus dem Haupt durch alle Glieder
Stark ein ein'ger Wille zückt,
Wird im Völkerrat vor allen
Deutscher Spruch aufs neu' erschallen.
Dann nicht mehr zum Weltgesetze
Wird die Laun' am Seinestrom,
Dann vergeblich seine Netze
[219]
Wirft der Fischer aus in Rom,
Länger nicht mit seinen Horden
Schreckt uns der Koloß im Norden.
Macht und Freiheit, Recht und Sitte,
Klarer Geist und scharfer Hieb,
Zügeln dann aus starker Mitte
Jeder Selbstsucht wilden Trieb,
Und es mag am deutschen Wesen
Einmal noch die Welt genesen.

Beim Ausbruche des Krieges mit Dänemark

Februar 1864.


Wir waren also lang im Traum gelegen,
Daß uns der Kraft Gedächtnis schier entschwunden,
Ein schwüler Zauber hielt den Sinn gebunden,
Da blitzt es auf – o jeder Blitz ein Segen!
Ich grüße dich, du heil'ger Feuerregen,
Du Sturm des Zorns nach so viel bangen Stunden!
In deinen Flammen werden wir gesunden,
Und jauchzend schlägt dir diese Brust entgegen.
Vorbei ist's endlich mit dem Dräun und Rügen,
Es spricht die Tat, wo Worte nichts verfingen;
Das Schwert durchhaut das Schmachgeweb' der Lügen.
Vorwärts, ihr Adler, mit den starken Schwingen!
Schon atmet Deutschland auf bei euren Flügen
Und stimmt die Harfen, euren Sieg zu singen.

Das Lied von Düppel

April 1864.


Was klingt aus den Städten wie helles Festgeläut?
Die Pauken und Drommeten, was jubeln sie heut?
Was brausen und jagen die Wasser der Schlei?
Der Feind ist geschlagen, und Schleswig ist frei?
[220]
Bei Düppel dort am Meere, vor Alsen am Sund,
Da rangen die Heere auf blutgetränktem Grund;
Da galt's, auf die Schanzen im Siegessturmgewog'
Den Adler zu pflanzen anstatt des Danebrog.
Von Kugeln umsungen, vom heißen Tod umkracht
Die märkischen Jungen, wie stritten sie mit Macht!
Wie lernten sie das Steigen auf schlüpfriger Bahn!
Es ging wie im Reigen; der Beeren war voran.
Wohl mancher der Braven sank mit ihm in den Sand;
Du fielst, o tapfrer Raven, das Schwert in der Hand.
Und du am Pulverfasse, getreuer Winkelried!
Der Klinkeschen Gasse gedenkt noch manch ein Lied.
Doch als auf den Wällen nun flog das Siegspanier,
Da bliesen die Gesellen: »Herr Gott, dich loben wir!«
Das hat sich erschwungen wie Abels Opferbrand,
Das ist hinausgeklungen bis tief ins deutsche Land.
Im sonnigen Meere nun spiegelt sich aufs neu'
Die preußische Ehre, die alte deutsche Treu';
Und war sie geschändet, wie strahlt sie doppelt rein!
Und habt ihr sie verpfändet, ihr löstet sie ein.
Ihr Meister der Staaten, und geht ihr nun und tagt,
So woll' euch Gott beraten, auf daß ihr nicht zagt!
Sprecht: Nichts von Vertragen! Nun bleibt es dabei,
Der Feind ist geschlagen, und Schleswig ist frei.

[221] Musikfest

Sommer 1864.


Singt und jubelt nur und laßt
Schäumen die Pokale,
Doch beruft den trüben Gast
Nicht zum Freudenmahle.
Tiefe Schwermut überkommt
Mich beim Schall der Lieder;
Bringt, was unserm Volke frommt,
Kein Gesang doch wieder.
Während ihr die Eintracht preist
Bei des Festes Herzen,
Geht durchs Land ein finstrer Geist
Und entzweit die Herzen.
Durch der Weisen Jubelton,
Durch den Prunk der Reden
Hör' ich fern ein Dröhnen schon
Eh'rner Schicksalsfäden.
Ach, und will im Wein ich dann,
Was mich quält, ersticken,
Schaut mich draus die Zukunft an
Mit Medusenblicken.

In den Tagen des Konflikts

1865.


Das ist ein trostlos Silbenstechen,
Mißtrauen hier, Verstimmung dort;
Sie möchten wohl von Sühnung sprechen,
Doch keiner trifft das rechte Wort.
[222]
So wächst die Kluft von Tag zu Tage,
Man reizt und höhnt, man trutzt und schmollt,
Ob draußen auch mit dumpfem Schlage
Vernehmlich schon das Wetter grollt.
Erhitzt bekämpfen sich die Reihen
Zur rechten und zur linken Hand,
Und überm Hader der Parteien
Denkt keiner mehr ans Vaterland.

Zur Antwort

1865.


Wenn von außen der Feind uns droht,
Wohl mit klingenden Saiten
Im gewappneten Aufgebot
Ziemt's dem Dichter zu schreiten.
Eisern wie ein geschwungenes Schwert
Soll sein Hymnus ertönen,
Bis ihm gnädig ein Gott beschert,
Siegerstirnen zu krönen.
Aber wo mit Gewalt und List
Haupt feindselig und Glieder
Sich befehden im innern Zwist,
Da verstummen die Lieder.
Eh' sie diente, der Volkspartein
Zwietracht weiterzutragen,
Lieber wollt' ich am nächsten Stein
Diese Harfe zerschlagen.

Eiserne Zeit

Dezember 1865.


Unterm alten Eichenbaum,
Wo das Volk ihm lauscht im Kreise,
Dumpf, gleichwie aus bangem Traum,
[223]
Singt der Spielmann seine Weise:
»Haltet Mut und Schwert bereit!
Eisern, eisern ist die Zeit.
Sühnung hofft' ich manches Jahr,
Und getrost zu neuen Siegen
Sah ich schon den Doppelaar
Mit dem Aar der Zollern fliegen.
Weh, der Sieg gebar den Streit,
Eisern, eisern ist die Zeit.
Dort ein Kaisertum im Ost,
Hier ein Reich vom Fels zum Meere,
Eins des andern Schirm und Trost,
Beide gleich an Macht und Ehre –
Schöner Traum, wie liegst du weit!
Eisern, eisern ist die Zeit.
Trotz im Auge, Groll im Mund
Stehn, die jüngst noch Kampfgesellen;
Ach, nicht birgt das Land am Sund
Ihres Haders tiefste Quellen.
Deutschland gilt, was sie entzweit;
Eisern, eisern ist die Zeit.
Deutschland gilt's, und ruhelos
Glimmt die Zwietracht fort der beiden,
Daß in aller Gauen Schoß,
Die da Brüder sind, sich scheiden,
Und des Hasses Saat gedeiht;
Eisern, eisern ist die Zeit.
Horch, schon läßt sich dumpf bei Nacht
Unterm Grund ein Brausen spüren,
Hoch zu Rosse wie zur Schlacht
Ziehn in Wolken die Walküren,
Angst und Schwüle weit und breit!
Eisern, eisern ist die Zeit.
Brich herein denn, Schicksalstag!
Ende diese Not im Wetter!
Unter Sturm und Donnerschlag
[224]
Send' uns einen Hort und Retter!
Deutschlands Purpur liegt bereit,
Eisern, eisern ist die Zeit.«

Das Lied vom Reiche

? jedenfalls vor 1866.


Frisch auf und unverdrossen,
Wie grimm die Welt auch tut!
Die zwei sind dir Genossen,
Dein Gott und deutscher Mut.
Ob's Herz schier bricht,
Verzage nicht,
Die Zähne beiß zusammen!
Es fügt sich doch,
Wofür so hoch
Die besten Herzen flammen.
Nicht knechtisch Wohlbehagen,
Noch blutig Gaukelspiel
Aus welscher Gleichheit Tagen
Ist unsres Volkes Ziel.
Doch birgt sein Herz
Nicht mehr den Schmerz
Um die zerborstne Eiche,
Doch wächst das Wort
Allmächtig fort,
Das Wort vom deutschen Reiche.
Wohl hält der alte Drache
Vielköpf'ger Eifersucht
Am Baum des Lebens Wache
Und weigert uns die Frucht.
Doch, wie er faucht
Und Flammen haucht,
Laß dich nicht mit zerspalten!
Getrost im Graus,
Mein Volk, halt aus!
Gott wird der Hoffnung walten.
[225]
Der Treue kann's nicht fehlen,
Beharren bringt Gedeihn;
Was reif ward in den Seelen,
Das schafft sich Fleisch und Bein.
Es wird die Not
Ihr laut Gebot
Im Schlachtendonner sprechen;
Und kommt's nicht jetzt,
So kommt's zuletzt
Mit Biegen oder Brechen.
Das ist die einz'ge Sühne
Das ist des Liedes Schluß,
Das ist der Lenz, der grüne,
Der endlich werden muß:
Voll Macht und Ruhm
Das Kaisertum,
Dem freien Volk zum Frommen.
Drum, wie's auch tost,
Herz, sei getrost!
Das Reich wird dennoch kommen.

Von 1866 bis 1871

Am Jahresschlusse

1866.


Hast du endlich allverständlich,
Schicksal, deinen Spruch getan,
Und wie Frühlingsbrausen endlich
Weht's das deutsche Leben an?
Ja, der Bannfluch ist gebrochen,
Der beklemmend auf uns lag,
Und befreit mit Herzenspochen
Grüßen wir den jungen Tag.
Wo an Böhmens wald'gen Borden
Siebenmal die Schlacht getobt,
Hat der schwarze Aar vom Norden
Seiner Schwingen Kraft erprobt;
[226]
In den Staub von ihr getrümmert
Sank die Fessel, die so lang
Jeden Hoffnungstraum verkümmert,
Der aus deutscher Seele sprang.
Doch, wie stolz im Feld der Waffen
Euer Wurf, ihr Sieger, fiel,
Halb erst steht das Werk geschaffen,
Unsrer Sehnsucht hohes Ziel.
Andern Grund noch gilt's zu legen
Als des Schwertes freudlos Recht;
Nur in freier Liebe Segen
Knüpft Geschlecht sich an Geschlecht.
Wallt denn, eurer Lorbeerzweige
Würdig, unsrem Volk voran!
Jeder eitle Hader schweige,
Jeder Hohn sei abgetan!
Zeigt, wie schön dem Heldenmute
Weisheit sich und Güte paart,
Und am stammverwandten Blute
Ehrt des Geistes Eigenart!
Aber ihr, die dieser Zeiten
Sturm gebeugt, erhebt das Herz!
Künftig Heil will sich bereiten,
Und die Wandlung nur ist Schmerz.
Brach auch Teures euch zusammen,
Lernt aufs Ganze gläubig sehn!
Lodernd muß der Holzstoß flammen,
Soll der Phönix auferstehn.
Drum getrost! Und schwört in treuer
Kraft zum großen Vaterland,
Und des heil'gen Opfers Feuer
Schürt es selbst mit frommer Hand!
Werft der Eifersucht Gedanken,
Werft den alten Groll hinein!
Brausend auch die letzten Schranken
Spült hinunter dann der Main.
[227]
O wann kommst du, Tag der Freude
Den mein ahnend Herz mir zeigt,
Da des jungen Reichs Gebäude
Himmelan vollendet steigt,
Da ein Geist der Eintracht drinnen
Wie am Pfingstfest niederzückt
Und des Kaisers Hand die Zinnen
Mit dem Kranz der Freiheit schmückt!

Den Bauleuten

(Bei Eröffnung des ersten norddeutschen Parlaments.)


Nun aus Ost und West der Sturm
Droht heranzubrausen,
Laßt uns gründen einen Turm,
Daß wir drinnen hausen!
Baut die Mauern stark und fügt
Fest die Balkenstützen,
Wenn's zur Zeit auch nur genügt,
Uns im Braus zu schützen!
Sind wir unter sicherm Dach
Glücklich erst geborgen,
Läßt für wohnliches Gemach
Sich schon weiter sorgen.
Aber jetzt versäumt die Frist
Nicht mit Glanzentwürfen
Und vor dem, was lieblich ist,
Schafft, was wir bedürfen!
Schon aus naher Wolken Schoß
Grollt der Zorn der Winde;
Eilt, daß er nicht obdachlos
Abermals uns finde!
Wann verbraust der Hagelschlag
An den nackten Wänden,
[228]
Mögt ihr froh am heitern Tag,
Was sie schmückt, vollenden!
Freudenschall und Farbenflor
Rufe dann zum Feste,
Und es öffne sich das Tor
Weit für teure Gäste!

Frühlingslied

1867.


Nun vergiß der Klagelieder
Und erhebe dein Gemüt!
Endlich steigt der Lenz hernieder,
Der für dich, mein Volk, erblüht.
An der tausendjähr'gen Eiche
Drängt sich junger Knospen Schwall,
Ein prophetisch Lied vom Reiche
Schmettert drein die Nachtigall.
Sieh, und dichter stets, getroster
Bricht hervor das lichte Grün;
Nur gen Süd ein starr bemooster
Ast noch zaudert mitzublühn.
Kommt herab denn, Himmelskräfte,
Maientau und Sonnenschein!
Treibt den Strom der Lebenssäfte
Bis ins letzte Reis hinein!
Steht verjüngt vom Frühlingsbrausen
Erst der ganze Baum in Blust,
Wird der Freiheit Aar drin hausen,
Deutsches Volk, zu deiner Lust.
Eines hast du schon errungen,
Daß die Welt, die dich erkennt,
Ehrfurchtsvoll in allen Zungen
Deinen Namen wieder nennt.

[229] Was wir wollen

April 1867.


Was soll dies Spiel der List,
Dies Klirren mit dem Schwerte,
Als ob nach Raub und Zwist
Das deutsche Volk begehrte?
Ein treuer Wunsch allein
Steht uns ins Herz gegraben:
Wir wollen einig sein
Und wollen Frieden haben.
Mag jeder, wie's ihm klug
Bedünkt, sein Haus verwalten!
Wir sind uns selbst genug
Und lassen gern ihn schalten.
Uns ist's nicht Gall' im Wein,
Wenn andre froh sich laben;
Wir wollen einig sein
Und wollen Frieden haben.
Nur, wie wir ohne Groll
Das Recht des Nachbars ehren,
So fordern wir, man soll
Auch unsres uns gewähren.
Kein Vormund red' uns drein
Wie willenlosen Knaben;
Wir wollen einig sein
Und wollen Frieden haben.
Wir wollen endlich fest
Ausbaun die deutschen Hallen,
Nicht, wie sie Ost und West,
Nein, wie sie uns gefallen.
Reicht uns die Hand am Main,
Ihr Bayern und ihr Schwaben!
Wir wollen einig sein
Und wollen Frieden haben.
Wir hassen's insgesamt,
Um eitlen Ruhm zu fechten,
[230]
Doch hoch zur Notwehr flammt
Das Schwert in unsrer Rechten.
Dem Störenfried allein
Sei's in die Brust gegraben!
Wir wollen einig sein
Und wollen Frieden haben.

Vorwärts!

Sommer 1867.


Durch Deutschlands Gauen hallt das Wetter aus,
Die Luft wird hell, entschieden ist der Strauß;
Zertrümmert liegt, das keiner Schmach gewehrt,
Das Haus am Main, ohnmächt'ger Zwietracht Herd,
Und überm Schutt, auf bessern Fels gegründet,
Steigt auf der Bau, der schon das Reich verkündet.
Einfügt sich Stein um Stein. Und fällt zersprengt
Manch alter Schmuck, dran unser Herz noch hängt,
Wir bringen ihn getrost, wie traut er war,
Dem großen Vaterland zum Opfer dar
Und trinken reichres Leben frohgemutet
Im Strom der Kraft, die aus dem Ganzen flutet.
Du aber, kriegerisch Geschlecht, bestellt,
Ein Hort zu sein der jungen deutschen Welt,
Mit deinen Zielen wachse! Was das Schwert
Begann, vollend' es, deiner Siege wert!
Das Haupt umkränzt mit frischem Eichenlaube
Laß, was verwelkt ist, hinter dir im Staube!
Durchbrich in jugendlicher Heldenkraft
Der längst zu eng gewordnen Formel Haft!
Wirf ab den Starrsinn, der, was fröhlich blüht,
Gewaltsam nach der Schnur zu ziehn sich müht!
Des jungen Weins lebend'ge Ströme lassen
Sich nimmer in die alten Schläuche fassen.
Du kämpftest nicht nach seellos dumpfem Brauch,
In deinen Fahnen wob des Geistes Hauch;
Das schuf den Sieg dir, daß im Schlachtgewog'
[231]
Sein Brausen über deinen Fahnen zog;
Mit ihm im Bunde vorwärts! Laß ihn walten
Und, die da tot sind, sich an Totes halten!
Du führst den Adler, zieh uns denn voran
Mit Adlersflug auf morgenroter Bahn!
Flieg in der Freiheit Sonne kühn hinein,
Und du wirst deutsch, und dein wird Deutschland sein,
Vom Schnee der Gletscher bis zum Bernsteinmeere
Glorreich verjüngt in Eintracht, Macht und Ehre.

Hanseatisches Festlied

(Am Tage des Aufziehens der Bundesflagge.)


Es ist erwacht mit hellem Schall
Ein wunderkräftig Wort,
Das schwingt wie Osterglockenhall
Von Gau zu Gau sich fort;
Das jauchzt, wo man zur Harfe greift
Beim frohen Schaum des Weins,
Das braust, wo man den Flamberg schleift:
»Du deutsches Land bist eins!«
Vernimm's, du alte Hansastadt,
Und stimme freudig ein!
An Deutschlands Eiche sei ein Blatt,
In seiner Burg ein Stein!
Schon weht der deutschen Flagge Zier
Von deiner Schiffe Bug,
Und heilverkündend rauscht in ihr
Der Zukunft Atemzug.
Das Reich, das unsre Sehnsucht war,
Das Reich pocht an mit Macht;
Bald hält ein junger Kaiseraar
Ob deinem Schilde Wacht;
[232]
Ein neues Leben bricht herein
Stark, einig, groß und frei –
Das ganze Deutschland soll es sein,
Und du sei mit dabei!

Deutsches Leben

1867.


Was steht ihr düster und betroffen,
Die ihr ein deutsch Panier doch tragt,
Nun endlich, endlich unsrem Hoffen
Ein Morgen der Erfüllung tagt?
O bannt von eurer Stirn die Wolke!
Verscheucht den wüsten Traum der Nacht,
Als wär' es aus mit unsrem Volke,
Weil's anders kam, als ihr gedacht.
Denn als der Sturm der sieben Wochen
Die Welt erschüttert nah und fern,
Wohl hat er morsche Zier gebrochen,
Doch nimmer unsres Wesens Kern.
Aus tausend Quellen um die Wette
Braust unversiegt von Ort zu Ort,
Braust stolzer nur im neuen Bette
Der Strom des deutschen Lebens fort.
Noch wettert durch der Schlacht Gedröhne
Das Schwert, ein Blitz in deutscher Hand,
Noch wissen lächelnd unsre Söhne
Zu sterben für das Vaterland.
Und die in schwindelnden Gedanken
Die Herrn der Welt sich schon geglaubt,
Mit bangem Neide sehn die Franken
Den Kranz des Siegs auf unsrem Haupt.
Noch waltet am ererbten Herde
Der deutsche Bauer schlicht und stark,
Beharrlich, wie die Kraft der Erde,
Die treu ihn nährt mit ihrem Mark.
[233]
Noch wächst auf hohem Schloß, dem Ruhme
Nacheifernd, den der Ahn gewann,
Manch kühner Sproß zum Rittertume
Des Geistes und des Schwerts heran.
Noch blüht gesegnet in der Runde
Der Städte Wandel, Kunst und Fleiß;
Noch wurzelt dort im festen Grunde
Des Bürgersinns der Freiheit Reis.
Im Wettkampf jeder Kraft erschaffen,
Gedeiht das Neue Tag für Tag,
Doch bürgt die ernste Pflicht der Waffen,
Daß alte Zucht nicht rosten mag.
Noch läßt zu nimmermüdem Streben
Die Forschung ihre Fackel wehn,
Der Vorzeit reichen Schatz zu heben,
Der Schöpfung Rätsel zu verstehn;
Und wenn bekränzt und vielbewundert
Die goldne Zeit der Dichtung schied,
Noch rauscht dem eisernen Jahrhundert
Begeistrung manch geflügelt Lied.
Noch steht in unsres Lebens Mitte
Wie eine feste Burg das Haus
Und strömt den Segen edler Sitte
Vom Herd auf die Geschlechter aus;
Noch birgt sich in der Jungfrau Sinne
Der Unschuld und der Ehren Hort,
Noch scheucht der Cherub reiner Minne
Vom Jüngling den Versucher fort.
Noch wacht mit brünstigen Gebeten
Die Mutter über ihrem Kind,
Noch treibt's den Mann, vor Gott zu treten,
Wenn er ein ernstes Werk beginnt;
Und bricht durch starrer Satzung Schranke
Der ungedämpfte Geist sich Bahn,
Nur treuer wipfelt sein Gedanke
In freier Andacht himmelan.
[234]
Drum laßt vom Zagen, laßt vom Grollen!
Im Sturme wuchs uns nur die Kraft,
Und mächtig in Gezweig und Schollen
Den Lenz verkündend treibt der Saft.
Erstorbnem weint ihr nach vergebens,
So kommt und tut den Brüdern gleich,
Und auf dem Grund des alten Lebens
Helft uns erbaun das neue Reich!

Aus den Salzburger Tagen

Spätsommer 1867.


Deutsches Volk, was säumst du länger?
Schau, wie deinem alten Dränger
Schon vor deiner Eintracht graust,
Wie er mit beklemmten Sinnen
Diese Zinnen
Steigen sieht, die du erbaust.
Und du wolltest von dem Werke
Deines Wachstums, deiner Stärke
Lassen, nun es halb gereift,
Weil mit eingezogner Klaue
Dir der Schlaue
Seinen alten Lockruf pfeift?
Freilich möcht' er dich zerspalten;
Kennt er doch den Spruch der Alten:
Leicht gebietet, wer entzweit.
Freilich drum in die Gemüter
Deiner Hüter
Sät er Argwohn, Haß und Neid.
Aber laß dich nicht verwirren!
Achte seinen Rat dem Girren
Jener ersten Schlange gleich!
[235]
Baue weiter unverdrossen!
Ihm zum Possen
Bau' es aus, das deutsche Reich!
Stämme wälz' und Quaderstücke
An den Main und wirf die Brücke
Über den entsühnten Strom
Und, den dort die Fluten waschen,
Aus den Aschen
Richt' empor den Kaiserdom!
Und zur Antwort auf die leise
Buhlende Sirenenweise,
Die so lind sich wiegt im West,
Laß verkünden seine Glocken
Mit Frohlocken
Deines Schirmvogts Krönungsfest!

Ein Ruf über den Main

Oktober 1867.


Nun steht das Haus gegründet
Und prangt im Frührotschein,
Nun ist das Wort verkündet:
Kommt her und tretet ein!
Kein Fremdling soll euch hindern,
Kein Machtspruch fern und nah,
Nach allen ihren Kindern
Verlangt Germania.
Ihr sollt nicht länger tragen
Der Waisen schwarz Gewand,
Ihr sollt nicht fürder fragen:
Wo ist das Vaterland?
Den Hort euch zu gewinnen,
Der jüngst ein Traum noch war,
Reicht nur in treuen Sinnen
Die Hand den Brüdern dar!
[236]
Ihr raschen Alemannen,
Glückauf! Mit Jubelton
Aus eures Schwarzwalds Tannen
Antwortend grüßt ihr schon.
Ihr habt die heil'ge Lohe
Der Freiheit stets genährt,
Nun schürt getreu die hohe
Auf größerm Opferherd!
Was säumt ihr ernsten Schwaben,
Vorkämpfer einst im Reich?
Wohl ist an Geist und Gaben
Kein Stamm dem euren gleich;
O laßt den Schatz nicht rosten,
Ihr sollt auch überm Main,
Wo Lichtgedanken sproßten,
Die Bannerträger sein.
Ihr löwenherz'gen Bayern,
Ihr Franken klug und kühn,
Wie lange wollt ihr feiern,
Wo Deutschlands Ehren blühn?
Den Arm, erprobt im Schlagen,
Den Blick voll Weltverstand,
Wollt ihr sie träg versagen
Dem großen Vaterland?
Empor! Ihr hofft vergebens,
Ein Volk im Volk zu sein,
Schon reißt der Strom des Lebens
Die dumpfen Schranken ein.
Vertraut euch seinen Wogen
Und sucht ein besser Heil!
Allmächtig angezogen
Zum Ganzen strebt der Teil.
Wohl habt ihr's oft vernommen,
Vom Eberhard das Lied,
Wie er, dem Reich zum Frommen,
Sein stolzes Herz beschied
[237]
Und großen Sinns die Krone,
Darnach er selbst begehrt,
Des Nordens starkem Sohne
Darbot am Vogelherd.
O laßt sein Bild euch mahnen
Und zieht aus Süd und West,
Zieht hin mit euren Fahnen
Zum schönsten Sühnungsfest
Und bringt, die uns verloren,
Doch nie vergessen war,
Dem Haupt, das Gott erkoren,
Die Kaiserkrone dar!

Harr' aus!

Dezember 1867.


Es stürmt im rauhen Kleid von Eisen
Beschwingten Schritts dahin die Zeit,
Kaum, daß sie dir und deinen Weisen
Ein Ohr noch leiht.
Umbraust von ihrer Gleise Dröhnen,
Von ihres Marktes ew'ger Hast,
Wie fände sie zum Dienst des Schönen
Die heitre Rast!
Wie ging' in selbstvergeßner Freude
Das Herz ihr auf beim Flötenlaut,
Die schallend zu des Staats Gebäude
Die Quadern haut!
Dem Stoff erst ringt sie ab, dem festen,
Das Werk, dran unsre Sehnsucht hängt;
So murre nicht, daß auch die Besten
Der Stoff befängt,
Und daß ihr Blick, vom Schaugepränge
Zerstreut, das alle Sinne reizt,
Vorüberschweift, wo keusche Strenge
Mit Farben geizt.
[238]
Willst du den müden Werkmann schelten,
Den rasch unechter Prunk besticht?
Nur laß sein Maß für dich nicht gelten
Und dein Gedicht.
Dem Gott gehorchend, der die Leier
Dir weihte, harr' in Treuen aus!
Es folgen Wochen goldner Feier
Der Zeit des Baus.
Daß dann ein später Kranz dir werde,
Vergiß des Tages flücht'ge Gunst
Und opfre standhaft fort am Herde
Der reinen Kunst!

Deutsche Wanderschaft

Frühling 1868.


Der Wald steht in Blüte, die wilden Schwäne ziehn,
Mir klingt's im Gemüte wie Wandermelodien;
Zum Stab muß ich greifen, leb' wohl, altes Haus!
Und singend wieder schweifen ins deutsche Land hinaus.
Ihr blauenden Gipfel, ihr Täler, Gott grüß'!
Ihr dunkeln Eichenwipfel, wie rauscht ihr so süß!
Ihr wollt mir's erzählen, daß endlich hoffnungsvoll
Durch alle deutschen Seelen ein Lenzodem quoll.
Durch Steingeklüft und Forsten zu klimmen, o Lust!
Auf schwindelnden Horsten zu lüften die Brust.
Tief unten verklingen die Glocken weit umher,
Ein Adler hebt die Schwingen vom Felsen zum Meer.
Ins Brausen der Quellen wie pocht der Hämmer Schlag!
Da fördern die Gesellen das Eisen zutag',
Da wächst in roter Erde das Schwert für den Feind,
Der uns am deutschen Herde noch dreinzureden meint.
Nun kommst auch du geschwommen im frühroten Schein,
Willkommen, willkommen, du dunkelgrüner Rhein!
Du tränkst mit goldner Freude dein blühend Geländ'
Und weißt von keiner Scheide, die seine Stämme trennt.
[239]
Wie lang wird es währen, Altvater, so preßt
Man wieder deine Beeren zum Kaiserkrönungsfest,
Da kommt auf deinen Wogen im Purpurgewand
Der Hort des Reichs gezogen, das Banner in der Hand.
Dann ruhen alle Waffen, dann ist es vollbracht,
Dran tausend Jahr' geschaffen, das Werk deutscher Macht,
In Norden und Süden der letzte Zwist gesühnt
Und Freiheit und Frieden, so weit die Eiche grünt.

An König Wilhelm

Lübeck, den 13. September 1868.


Mit festlich tiefem Frühgeläute
Begrüßt dich bei des Morgens Strahl,
Begrüßt, o Herr, in Ehrfurcht heute
Dich unsre Stadt zum erstenmal;
Dem hohen Schirmvogt ihr Willkommen
Neidlosen Jubels bringt sie dar,
Die selbst in Zeiten längst verglommen
Des alten Nordbunds Fürstin war.
Das Banner, das in jenen Tagen
Den Schwestern all am Ostseestrand
Sie kühngemut vorangetragen,
Hoch flattert's nun in deiner Hand,
In deiner Hand, die auserkoren
Vom Herrn der Herrn, dem sie vertraut,
Das Heiligtum, das wir verloren,
Das deutsche Reich uns wieder baut.
Schon ragt bis zu des Maines Borden
Das Werk, darob dein Adler wacht,
Versammelnd alle Stämm' im Norden,
Die Riesenfeste deutscher Macht;
Und wie auch wir das Banner pflanzen,
Das dreifach prangt in Farbenglut,
Durchströmt uns im Gefühl des Ganzen
Verjüngte Kraft, erneuter Mut.
[240]
Im engen Bett schlich unser Leben
Vereinzelt wie der Bach im Sand;
Da hast du uns, was not, gegeben,
Den Glauben an ein Vaterland.
Das schöne Recht, uns selbst zu achten,
Das uns des Auslands Hohn verschlang,
Hast du im Donner deiner Schlachten
Uns heimgekauft, o habe Dank!
Nun weht von Türmen, flaggt von Masten
Das deutsche Zeichen allgeehrt;
Von ihm geschirmt nun bringt die Lasten
Der Schiffer froh zum Heimatsherd.
Nun mag am harmlos rüst'gen Werke
Der Kunstfleiß schaffen unverzagt,
Denn Friedensbürgschaft ist die Stärke,
Daran kein Feind zu rühren wagt.
Drum Heil mit dir und deinem Throne!
Und flicht als grünes Eichenblatt
In deine Gold- und Lorbeerkrone
Den Segensgruß der alten Stadt.
Und sei's als letzter Wunsch gesprochen,
Daß noch dereinst dein Aug' es sieht,
Wie übers Reich ununterbrochen
Vom Fels zum Meer dein Adler zieht.

Benedikt 13

1869.


Auf der Burg zu Peniskola, die vom Fels zur Öde blickt,
Am Altar im Kreis der Mönche steht der greise Benedikt.
Einst zum Pontifex erkoren, nun entsetzt durch Kaiserwort,
Barg er, unversöhnlich grollend, wie ein wunder Aar sich dort.
[241]
»Herr, das Amt der ew'gen Schlüssel, das du deinem Knechte gabst,
Wer vermag's mir anzutasten! Laß sie dräun! Ich bin der Papst.
Über Fürstenmacht und Völker hast du mir Gewalt verliehn;
Wagt zu trotzen mir der Erdkreis, dein Gericht herab auf ihn!«
Und empor das Auge wendend, das des Himmels Blitze sucht,
Spricht er feierlich den Bannfluch, der die ganze Welt verflucht.
Unter Grabgeläut' die Kerzen löscht er aus am Hochaltar:
»Also seid im Buch des Lebens ausgetan für immerdar!«
Dumpf erschallt der Chor der Mönche: »Tag des Zornes, brich heran!« –
Doch die Sonne wallt wie gestern ruhig lächelnd ihre Bahn.

Drei Vögel

September 1869.


Ich stand auf hohem Berge
Und schaut' hinab ins Tal,
Drei Vögel sah ich fliegen
Im roten Abendstrahl.
»Was bringst du, schwarzer Rabe?
Du kommst aus Welschland her –«
»Ich sah einen greisen Fischer,
Der warf sein Netz ins Meer.
Er warf's mit stolzen Sinnen,
Des reichen Fangs gewiß,
Da ging im Grund ein Brausen,
Das riesige Netz zerriß.«
[242]
»Was bringst du, grauer Habicht?
Du fliegst vom Seinestrand –«
»Ich sah einen kranken Leuen,
Der sich in Ängsten wand:
›Weh mir, es wankt der Boden,
Und ich bin alt und siech!
Was wähl' ich, mich zu retten,
Freiheit oder Krieg?‹«
»Was bringst du, weiße Taube?
Du schwangst dich auf am Main –«
»Ein schwarzes Wetter sah ich
Vergehn in Sonnenschein.
Ein Regenbogen wölbte
Sich glorreich überm Strom,
Und wachsend aus den Trümmern
Stieg auf der Kaiserdom.«

Kriegslied

Juli 1870.


Empor, mein Volk! Das Schwert zur Hand!
Und brich hervor in Haufen!
Vom heil'gen Zorn ums Vaterland
Mit Feuer laß dich taufen!
Der Erbfeind beut dir Schmach und Spott,
Das Maß ist voll, zur Schlacht mit Gott!
Vorwärts!
Dein Haus in Frieden auszubaun,
Stand all dein Sinn und Wollen,
Da bricht den Hader er vom Zaun
Von Gift und Neid geschwollen.
Komm' über ihn und seine Brut
Das frevelhaft vergoßne Blut!
Vorwärts!
Wir träumen nicht von raschem Sieg,
Von leichten Ruhmeszügen,
[243]
Ein Weltgericht ist dieser Krieg,
Und stark der Geist der Lügen.
Doch der einst unsrer Väter Burg,
Getrost, er führt auch uns hindurch!
Vorwärts!
Schon läßt er klar bei Tag und Nacht
Uns seine Zeichen schauen,
Die Flammen hat er angefacht
In allen deutschen Gauen.
Von Stamm zu Stamme lodert's fort:
Kein Mainstrom mehr, kein Süd und Nord!
Vorwärts!
Voran denn, kühner Preußenaar,
Voran durch Schlacht und Grausen!
Wie Sturmwind schwellt dein Flügelpaar
Vom Himmel her ein Brausen,
Das ist des alten Blüchers Geist,
Der dir die rechte Straße weist.
Vorwärts!
Flieg, Adler, flieg! Wir stürmen nach,
Ein einig Volk in Waffen.
Wir stürmen nach, ob tausendfach
Des Todes Pforten klaffen.
Und fallen wir: Flieg, Adler, flieg!
Aus unsrem Blute wächst der Sieg.
Vorwärts!

Ein Psalm wider Babel

Juli 1870.


Nun ist geschürzt vom Bösen
Der Knoten also fein,
Kein Rat mehr kann ihn lösen,
Er muß zerhauen sein.
Ihr habt verworfen den Frieden,
Den treuer Sinn euch bot,
So soll euch sein beschieden
Streit und Jammer und Not.
[244]
Den ihr, bekränzt die Schläfen,
Gebraut, den Greueltrank,
Bis auf die letzten Hefen
Sollt ihr ihn leeren zum Dank.
Lobsingt nur eurem Götzen
In frechem Gaukelspiel!
Der Herr wird kommen und setzen
Dem wüsten Rausch ein Ziel!
Sein Odem Sturm des Krieges,
Der die Heerscharen fegt,
Sein Schwert ein Schwert des Sieges,
Das allen Frevel schlägt!
Finster wird sein die Erde
Und der Himmel voll Glut,
Bis an die Zäume der Pferde
Steigen wird das Blut.
Die Ströme werden weichen
Aus ihren Ufern zur Frist,
Weil mit Schutt und Leichen
Ihr Bett verdämmet ist.
Es wird zertreten der Rächer
Die Stätten, da ihr sitzt,
Daß durch die krachenden Dächer
Hochauf die Lohe spritzt.
Und Heulen wird sein auf den Gassen
Und Hunger Haus bei Haus,
Indes die Wölfe prassen
Und die Geier am Schmaus.
Das aber mag nicht enden,
Bis ihr dem Lügengeist
Abschwört und von den Lenden
Das Kleid der Hoffart reißt;
Bis ihr in Reu' vernichtet
Aus eurem Herzeleid
Zum Herrn, der euch gerichtet,
Um Gnad' und Sühnung schreit.
[245]
Erst wenn aufs Knie gebogen
Ihr euch bekannt zur Schuld,
Wird Er der Zornflut Wogen
Zerrinnen lassen in Huld.
Sanftleuchtend auf der Wolke
Mag dann der Bogen stehn,
Und am zerschlagnen Volke
Barmherzigkeit geschehn.
Dann mag verwandelt werden
Das Schwert zum Palmenzweig,
Und Friede wird sein auf Erden,
Und kommen wird das Reich.

Deutsche Siege

August 1870.


Habt ihr in hohen Lüften
Den Donnerton gehört
Von Forbach aus den Klüften,
Von Weißenburg und Wörth?
Wie Gottes Engel jagen
Die Boten her vom Krieg:
Drei Schlachten sind geschlagen,
Und jede Schlacht war Sieg.
Preis euch, ihr tapfern Bayern
Stahlhart und wetterbraun,
Die ihr den Wüstengeiern
Zuerst gestutzt die Klaun!
Mit Preußens Aar zusammen
Wie trutztet ihr dem Tod,
Hoch über euch in Flammen
Des Reiches Morgenrot!
Und ihr vom Gau der Chatten
Und ihr vom Neckarstrand
Und die aus Waldesschatten
Thüringens Höhn gesandt,
[246]
Ihr bracht, zum Keil gegliedert,
Der Prachtgeschwader Stoß;
Traun, was sich so verbrüdert,
Das läßt sich nimmer los.
Und die ihr todverwegen,
Von Leichen rings umtürmt,
Im dichten Eisenregen
Den roten Fels erstürmt,
Wo blieb vor euch das Pochen
Auf Frankreichs Waffenruhm?
Sein Zauber ist gebrochen,
Nachbricht das Kaisertum.
So sitzt denn auf, ihr Reiter,
Den Rossen gebt den Sporn
Und tragt die Losung weiter:
Hie Gott und deutscher Zorn!
Schon ließ der Wolf im Garne
Ein blutig Stück vom Vlies,
Die Maas hindurch, die Marne,
Auf, hetzt ihn bis Paris!
Und ob die wunden Glieder
Mit der Verzweiflung Kraft
Er dort noch einmal wieder
Empor zum Sprunge rafft:
Dich schreckt nicht mehr sein Rasen,
O greiser Heldenfürst!
Laß die Posaunen blasen,
Und Babels Feste birst.
Der feigen Welt zum Neide
Dann sei dein Werk vollführt.
Und du, nur du entscheide
Den Preis, der uns gebührt!
Es stritt mit uns im Gliede
Kein Freund als Gott allein,
So soll denn auch der Friede
Ein deutscher Friede sein.

[247] An der Mosel

August 1870.


Wo der Mosel dunkle Wellen
Um ihr felsig Ufer schwellen,
Schweigt zum drittenmal die Schlacht,
Und die feuchten Winde tragen
Lobgesang und Totenklagen
Fernverhallend durch die Nacht.
Unsre Siegesbanner wogen,
Doch die Bahn, die sie durchflogen,
Ist von teurem Blute rot;
Wo der Eisenregen sprühte,
Sank in Garben, ach, die Blüte
Unsrer Jugend in den Tod.
O wie viel verwaiste Herzen
Nennen euch hinfort mit Schmerzen,
Mars-la-Tour und Gravelotte!
Bleiche Fraun, zum Tod bekümmert,
Bräute, deren Glück zertrümmert,
Greise Mütter, tröst' euch Gott!
Aber euch, ihr treuen Toten,
Sei der Brüder Schwur entboten,
Zorn'ge Tränen rinnen drein:
Nimmer soll, das ihr vergossen,
Euer Blut umsonst geflossen,
Nimmer soll's vergessen sein!
Eures heil'gen Willens Erben
Schwören wir auf Sieg und Sterben
Treu zu stehn in Wacht und Schlacht:
Keiner soll der Rast gedenken
Noch das Schwert zur Scheide senken,
Bis das große Werk vollbracht;
Bis des Erbfeinds Trutz vernichtet,
Bis das Bollwerk aufgerichtet,
Das die Zukunft schirmt der Welt,
[248]
Und mit rauschendem Gefieder
Über euren Gräbern wieder
Deutschlands Aar die Grenzwacht hält.

Am dritten September

1870.


Nun laßt die Glocken
Von Turm zu Turm
Durchs Land frohlocken
Im Jubelsturm!
Des Flammenstoßes
Geleucht facht an!
Der Herr hat Großes
An uns getan.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Es zog von Westen
Der Unhold aus,
Sein Reich zu festen
In Blut und Graus;
Mit allen Mächten
Der Höll' im Bund
Die Welt zu knechten,
Das schwur sein Mund.
Furchtbar dräute der Erbfeind.
Vom Rhein gefahren
Kam fromm und stark
Mit Deutschlands Scharen
Der Held der Mark.
Die Banner flogen,
Und über ihm
In Wolken zogen
Die Cherubim.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Drei Tage brüllte
Die Völkerschlacht,
Ihr Blutrauch hüllte
Die Sonn' in Nacht.
[249]
Drei Tage rauschte
Der Würfel Fall,
Und bangend lauschte
Der Erdenball.
Furchtbar dräute der Erbfeind.
Da hub die Wage
Des Weltgerichts
Am dritten Tage
Der Herr des Lichts
Und warf den Drachen
Vom güldnen Stuhl
Mit Donnerkrachen
Hinab zum Pfuhl.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Nun bebt vor Gottes
Und Deutschlands Schwert
Die Stadt des Spottes,
Der Blutschuld Herd.
Ihr Blendwerk lodert
Wie bald! zu Staub,
Und heimgefodert
Wird all ihr Raub.
Nimmermehr dräut uns der Erbfeind.
Drum laßt die Glocken
Von Turm zu Turm
Durchs Land frohlocken
Im Jubelsturm!
Des Flammenstoßes
Geleucht facht an!
Der Herr hat Großes
An uns getan.
Ehre sei Gott in der Höhe!

Trinkspruch

am 26. Oktober 1870.


Stoßt an im Saft der besten Reben!
Stoßt an: Land Mecklenburg soll leben,
[250]
Land Mecklenburg mit Schwert und Pflug!
Die Perle gab es uns der Frauen
Und jenes Paar mit greisen Brauen,
Das unsres Ruhmes Schlachten schlug.
Schon wallt sie längst im Paradiese,
Die hohe Königin Luise,
Die Deutschlands starken Hort gebar,
Doch flammend steht's in tausend Herzen,
Wie sie zur Zeit der Schmach und Schmerzen
Der Engel ihres Volkes war.
Und wollt ihr nach den Helden fragen:
Vom Marschall Vorwärts laßt euch sagen,
Dem blanksten Schwert des Vaterlands;
Die Welt durchhallten seine Siege,
Doch nie zu Rostock seiner Wiege
Vergaß der Greis im Lorbeerkranz.
Den andern kennt ihr auch, den Alten,
Der hoch und ernst, die Stirn in Falten,
Ein Hüter wacht an Preußens Thron.
Das ist des Kriegsgotts Wagenlenker,
Das ist der kühne Schlachtendenker,
Der Schweiger Moltke, Parchims Sohn.
Drum stoßt im Saft der besten Reben,
Stoßt an: Land Mecklenburg soll leben,
Land Mecklenburg mit Schwert und Pflug!
Die Perle gab es uns der Frauen
Und jenes Paar mit greisen Brauen,
Das unsres Ruhmes Schlachten schlug.

Der Ulan

Oktober 1870.


Frühmorgens um vier, eh die Hähne noch krähn,
Da sattelt sein Roß der Ulan
Und reitet, den Feind und das Land zu erspähn,
Den Waffengenossen voran.
Hinjagt er durchs Blachfeld und pirscht durch den Forst,
Hoch flattert sein Fähnlein im Wind,
[251]
Und er lugt von der Höh' wie der Falke vom Horst
Und wählt sich die Straße geschwind.
In das sonnige Städtchen da sprengt er hinein,
Am Rathaus hält er in Ruh':
»Herr Maire, nun schenkt mir vom schäumenden Wein
Und ein Frühstück gebt mir dazu!
Und schafft mir die prächtigen Rinder daher,
Die am Tor auf den Weiden ich sah,
Und Hafer für zwanzig Schwadronen, Herr Maire,
Denn die Preußen, die Preußen sind da.«
Hei lustige Streife! Hei köstlicher Scherz,
Wenn der Maire seine Bücklinge macht!
Doch freudiger wächst dem Ulanen das Herz,
Wenn die Schlacht durch die Ebene kracht;
Wenn, die Zügel verhängt und die Lanz' in der Faust,
Das Geschwader mit stiebendem Huf
Auf den eisernen Rechen des Fußvolks braust
Unter schallendem Hurraruf.
Wohl spein die Haubitzen Verderben und Tod,
Wohl deckt sich mit Leichen die Bahn,
Und die Luft wird wie Blei, und die Erde wird rot,
Doch vorwärts stürmt der Ulan.
Und rinnt auch das Blut von den Schläfen ihm warm:
Durch Geknatter und Kugelgesaus
Kühn setzt er hinein in den dichtesten Schwarm
Und holt sich den Adler heraus.
Und »Viktoria« schallt's durchs Getümmel herauf,
Schon wanken die feindlichen Reihn,
Und das Wanken wird Flucht, und die Flucht wird Lauf,
Der Ulan, der Ulan hinterdrein.
Hinterdrein durch den Fluß, wo die Brücke verbrannt,
Durch das Dorf, das der Bauer verließ,
Mit Gott für König und Vaterland
Hinterdrein, hinterdrein bis Paris.
Dort gibt's einen Tanz noch im eisernen Feld,
Bis der Franzmann den Atem verliert,
[252]
Und Wilhelm der Sieger, der eisgraue Held,
Im Louvre den Frieden diktiert.
Doch wenn dann die blutige Arbeit getan,
Und die Stunde der Heimkehr erschien,
Wie reitet so stattlich im Glied der Ulan
Am Einzugstag in Berlin!
Da steht an den Linden die rosigste Dirn',
Und sie jubelt vor Stolz und vor Lust:
»O wie lieb' ich dich erst um die Narb' auf der Stirn
Und das Eiserne Kreuz auf der Brust!«

An Deutschland

Januar 1871.


Nun wirf hinweg den Witwenschleier,
Nun gürte dich zur Hochzeitsfeier,
O Deutschland, hohe Siegerin!
Die du mit Klagen und Entsagen
Durch vierundsechzig Jahr' getragen,
Die Zeit der Trauer ist dahin;
Die Zeit der Zwietracht und Beschwerde,
Da du am durchgeborstnen Herde
Im Staube saßest tiefgebückt,
Und kaum dein Lied mit leisem Weinen
Mehr fragte nach den Edelsteinen,
Die einst dein Diadem geschmückt.
Wohl glaubten sie dein Schwert zerbrochen,
Wohl zuckten sie, wenn du gesprochen,
Die Achsel kühl im Völkerrat,
Doch unter Tränen wuchs im stillen
Die Sehnsucht dir zum heil'gen Willen,
Der Wille dir zur Kraft der Tat.
Und endlich satt, die Schmach zu tragen,
Zerrissest du in sieben Tagen
Das Netz, das tödlich dich umschnürt,
Und heischtest, mit beerztem Schritte
Hintretend in Europas Mitte,
Den Platz zurück, der dir gebührt.
[253]
Und als der Erbfeind dann, der Franze,
Nach deiner Ehren jungem Kranze
Die Hand erhub von Neid verzehrt,
Zur Riesin plötzlich umgeschaffen
Wie stürmtest du ins Feld der Waffen,
Behelmte, mit dem Flammenschwert!
O große, gottgesandte Stunde,
Da deines Haders alte Wunde
Die heil'ge Not auf ewig schloß,
Und wunderkräftig dir im Innern
Aus alter Zeit ein stolz Erinnern,
Ein Bild zukünft'ger Größe sproß!
Wie Erz durchströmte deine Glieder
Das Mark der Nibelungen wieder,
Der Geist des Herrn war über dir,
Und unterm Schall der Kriegsposaunen
Aufpflanztest du, der Welt zum Staunen,
In Frankreichs Herz dein Siegspanier.
Da war dir bald, mit Blut beronnen,
Des Rheins Juwel zurückgewonnen,
Dein Kleinod einst an Kunst und Pracht,
Und dessen leuchtend Grün so helle
In Silber faßt die Moselwelle,
Der lotharingische Smaragd.
O laß sie nicht verglühn im Dunkeln!
Verjüngten Glanzes laß sie funkeln
Ins Frührot deiner Osterzeit!
Denn horch, schon brausen Jubellieder,
Und über deinem Haupte wieder
Geht auf des Reiches Herrlichkeit.
Durch Orgelton und Schall der Glocken
Vernimmst du deines Volks Frohlocken?
Den Heilruf deiner Fürstenschar?
Sie bringen dir der Eintracht Zeichen,
Die heil'ge Krone sondergleichen,
Der Herrschaft güldnen Apfel dar.
[254]
Auf Recht und Freiheit, Kraft und Treue
Erhöhn sie dir den Stuhl aufs neue,
Drum Barbarossas Adler kreist,
Daß du, vom Fels zum Meere waltend,
Des Geistes Banner hoch entfaltend,
Die Hüterin des Friedens seist.
Drum wirf hinweg den Witwenschleier!
Drum schmücke dich zur Hochzeitsfeier,
O Deutschland, mit dem grünsten Kranz!
Flicht Myrten in die Lorbeerreiser!
Dein Bräut'gam naht, dein Held und Kaiser
Und führt dich heim im Siegesglanz.

Zur Friedensfeier

(18 Juni 1871.)


Flammt auf von allen Spitzen,
Ihr Feuer deutscher Lust,
Und weckt mit euren Blitzen
Ein Danklied jeder Brust!
Das grause Spiel der Waffen
Mit Gott ist's abgetan,
Und, die das Schwert geschaffen,
Die Palmenzeit bricht an.
Preis dem Herrn, dem starken Retter,
Der nach wunderbarem Rat
Aus dem Staub uns hob im Wetter
Und uns heut im Säuseln naht!
Nun ward in eins geschmiedet,
Was eitel Stückwerk war,
Nun liegt das Reich umfriedet
Vor Arglist und Gefahr.
Vom Alpenglühn zum Meere,
Vom Haff zur Mosel weht
Das Banner deutscher Ehre
In junger Majestät.
Preis dein Herrn, dem starken Retter,
Der nach wunderbarem Rat
Aus dem Staub uns hob im Wetter
Und uns heut im Säuseln naht!
[255]
Wie braust von Stamm zu Stamme
Ein Leben reich und stolz,
Seit der Begeistrung Flamme,
Was starr sich mied, verschmolz,
Seit am vereinten Werke
Des Südens Flügelkraft,
Des Nordens klare Stärke
Wetteifernd ringt und schafft!
Preis dem Herrn, dem starken Retter,
Der nach wunderbarem Rat
Aus dem Staub uns hob im Wetter
Und uns heut im Säuseln naht!
Der in der Feuerwolke
Voran uns zog im Krieg,
Nun send' er unsrem Volke
Die Kraft zum letzten Sieg,
Die Kraft, auch aus den Herzen
Der Lüge finstre Saat,
Das Welschtum auszumerzen
In Glauben, Wort und Tat.
Preis dem Herrn, dem starken Retter,
Der nach wunderbarem Rat
Aus dem Staub uns hob im Wetter
Und uns heut im Säuseln naht!
Zieh ein zu allen Toren,
Du starker, deutscher Geist,
Der aus dem Licht geboren
Den Pfad ins Licht uns weist,
Und gründ' in unsrer Mitte
Wehrhaft und fromm zugleich
In Freiheit, Zucht und Sitte
Dein tausendjährig Reich!
Preis dem Herrn, dem starken Retter,
Der nach wunderbarem Rat
Aus dem Staub uns hob im Wetter
Und uns heut im Säuseln naht!

Notes
Sammlung von zwischen 1849 und 1871 entstandenen Gedichten. Erstdruck: Stuttgart (Cotta) 1871.
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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Heroldsrufe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B65C-E