2.

Zur Eröffnungsfeier der Universität Straßburg.


Stimmet an den Preisgesang,
Unser Fest zu krönen!
Hell, wie Gottfrieds Harfe klang,
Laßt ihn heut ertönen;
Denn die Stund' ist hochgeweiht,
Da sich alt' und neue Zeit
Wundervoll versöhnen.
Der mit heil'gem Brausen zieht
Ob des Rheines Gründen,
Was sich lang entfremdet mied,
Will der Geist verbünden;
Aus der Vorzeit Mark genährt,
Will er auf dem alten Herd
Junge Flammen zünden.
[326]
Preis dem großen Vaterland,
Dessen Hauch wir spüren,
Dem wir schwören Hand in Hand,
Diese Glut zu schüren!
Preis der Schwester deutscher Kraft,
Preis der freien Wissenschaft,
Deren Bau wir führen!
Gleich dem Münster dort am Strom
Wolkenwärts gewendet,
Steigt ins Blau ihr Riesendom
Ewig unvollendet.
Jeder soll willkommen sein,
Der nur einen Quaderstein
Uns zum Werke spendet.
Wenn sich dumpfen Sinns die Welt
Abmüht am Erwerbe,
Sind zu Hütern wir bestellt
Für der Menschheit Erbe,
Daß, was geistgeboren ist,
Nicht verkomm' in dieser Frist,
Noch das Schöne sterbe;
Daß sich Glaub' entfalt' und Recht
Frei von dumpfer Schranke,
Von Geschlecht sich zu Geschlecht
Überliefrung ranke,
Daß Natur ihr ernst Gesicht
Uns enthüll' und kühn ins Licht
Steure der Gedanke.
Aber wo sein freies Reich
Man umstellt mit Netzen,
Ihn verfemtem Wilde gleich
In den Tod zu hetzen:
Da wohlauf, Studentenmut,
Für der Wahrheit heilig Gut
Alles einzusetzen!
[327]
Schlag im Flug denn sonnenan,
Deutscher Geist, die Schwinge!
Wider Stumpfsinn, Lug und Wahn
Blitzgewaffnet ringe,
Daß in solchem Rittertum
Dein und Straßburgs alter Ruhm
Glorreich sich verjünge!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Spätherbstblätter. Gelegenheitsgedichte. Sprüche. Festlieder. 2. [Stimmet an den Preisgesang]. 2. [Stimmet an den Preisgesang]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BC82-6