Fünfter Gesang

Sie sind gefallen, die Götter, gefallen!
Laßts Erd und Himmel wiederhallen!
Sie sind gefallen! gefallen! gefallen!
Hrymur fuhr, auf sieben Donner-Wagen
Vom Aufgang herunter getragen!
Da wälzte sich der Ocean!
Da wälzte Jormungandur in Blut
Mit schreckenvoller Wuth
Sich auf der Wogen schäumender Bahn!
Der Adler tönt', und zerriß die Leiche!
Und Naglfahr scheitert, das Gebäu der Eiche!
Woher der Untergang der Asen?
Wer hat die Alfen wie Spreu hinweggeblasen?
Vom Krachen heult die Riesenwelt!
Des Himmels Trümmer sind ein Waffenfeld!
Die Zwerge seufzen vor den Thoren,
In zähneklappernde Schrecken verlohren!
Das Sonnenschwert des Rächers blitzt
Auf Riesenweiber, die im Fliehn
[366]
Sich hinter einer Wolke Ruin
Vergebens, vergebens geschützt!
Da wankte, da erzitterte Hlin,
Und rang die Hände noch einmal!
Vergebens verletzt der Sohn des Odin
Das Ungeheuer mit triefendem Stahl!
Vergebens würgt auf seinem Riesengange
Der Helden-Same des Hlodin
Den Zwillingswolf, und die Midgardische Schlange!
Sie alle, die Götter, die Helden, sie alle
Sind hingegossen dem Falle
Furchtbar billt aus dampfender Grotte
Mit weit geöffnetem Schlund
Hinter dem fallenden Gotte
Garm der Höllenhund!
Mit schwarzem Antlitz entsteigt die Sonne dem Dunkeln,
Und Sterne hören auf zu funkeln!
Da wüten Meere, flammende Berge wüten,
Wo ihre Fackeln glühten! –
In neue Gegenden entrückt
Schaut mein begeistertes Aug umher – erblickt
Den Abglanz höhrer Gottheit, ihre Welt,
Und diese Himmel, ihr Gezelt!
Mein schwacher Geist, in Staub gebeugt,
Faßt ihre Wunder nicht, und schweigt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gerstenberg, Heinrich Wilhelm von. Gedichte. Gedicht eines Skalden. Prosopopoema Thorlaugur Himintung des Skalden. Fünfter Gesang. Fünfter Gesang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D4FE-1