Phillis. Chloe

Phillis.


Du Chloe, immer trägst du dein Körbchen am Arm.

Chloe.


Ja Phillis, ja! immer trag ich das Körbchen am Arm, ich würd es nicht um eine ganze Herde geben; nein ich würd' es nicht geben, sprach sie, und drükt' es lächelnd an ihre Seite.


Phillis.


Warum Chloe, warum hältst du dein Körbchen so werth? soll ich rathen? Sieh, du wirst roth, soll ich rathen? – –


Chloe.


Hu – – roth?

Phillis.


Ja! wie wenn einem das Abendroth ins Angesicht scheint.

Chloe.


Hu! – – Phillis – – ich will dirs sagen; der junge Amyntas hat mirs geschenkt, der schönste Hirt; er hat es selbst geflochten. Ach! sieh wie nett, sieh wie schön die grünen Blätter und die rothen Blumen in das weisse Körbchen geflochten sind, und ich halt es werth, wo ich hingehe, da trag ichs am Arm; die Blumen dünken mich schöner, sie riechen lieblicher, die ich in meinem Körbchen trage, und die Früchte sind süsser, die ich aus dem Körbchen esse. Phillis – – doch was soll ich alles sagen? – – Ich – – ich habs schon oft geküßt. Er ist doch der beste, der schönste Hirt.


Phillis.


Ich hab es ihn flechten gesehn; wüßtest du was er da zu dem Körbchen sprach! Aber Alexis mein Hirt ist [49] eben so schön, du solltest ihn singen hören, ich will das Liedchen dir singen, das er gestern mir sang.


Chloe.


Aber, Phillis! Was hat Amyntas zum Körbchen gesagt?

Phillis.


Ja, ich muß erst das Liedchen singen.

Chloe.


Ach! – – Ist es lang?

Phillis.


Höre nur. Froh bin ich, wenn das Abendroth, am Hügel mich bescheint. Doch Phillis, froher bin ich noch, wenn ich dich lächeln seh. So froh geht nicht der Schnitter heim, wenn er die letzte Garb', in seine volle Scheune trägt, als ich, wenn ich von dir geküßt, in meine Hütte geh. So hat er gesungen.


Chloe.


Ein schönes Lied! Aber Phillis, was sprach Alexis zum Körbchen?

Phillis.


Ich muß lachen; Er saß am Sumpf im Weidenbusch, und indeß daß seine Finger die grünen und die braunen und die weissen Ruthen flochten, indeß – – –


Chloe.


Nu denn, warum schweigst du?

Indeß, fuhr Phillis lachend fort, indeß, sprach er, du Körbchen, dich will ich Chloen schenken, der schönen Chloe, die so lieblich lächelt; Da sie gestern die Herde bey mir vorbey trieb, sey mir gegrüßt, Amyntas, sprach sie, und lächelte so freundlich, so freundlich, daß mir das Herz pochte. Schmiegt euch gehorsam, ihr bunten Ruthen, und zerbrechet nicht unter, dem flechten; Ihr sollt dann an der liebsten Chloe Seite hangen. Ja! wenn sie es werth hält, o wenn sie es werth hielte! wenn sie es oft an ihrer Seite trüge! So sprach er, und indeß war das Körbchen gemacht, und da sprang er auf, und hüpfte, daß es ihm so wohl gelungen war.


Chloe.


Ach! ich geh; dort hinter jenen Hügel treibt er seine Herde, ich will bey ihm vorbey gehn, sieh, will ich sagen, sieh Amyntas, ich habe dein Körbchen am Arm.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gessner, Salomon. Gedichte. Idyllen. Idyllen. Phillis. Chloe. Phillis. Chloe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D5DD-3