[97] Die Nelke

Ein Nelkenstock ist in Daphnens Garten, am Zaun. Im Garten gieng sie, trat zum Nelkenstock; eine Nelke, rothgestreift, blühte da frisch auf. Jezt bog sie lächelnd die Blume zu ihrem schönen Gesicht, und freute sich des süssen Geruches; die Blume schmiegte sich an ihre Lippen. Warme Röthe stieg auf meine Wangen; denn ich dachte: Könnt, o könnt ich so die süssen Lippen berühren! Weg gieng jezt Daphne; da trat ich an den Zaun. Soll ich, soll ich die Nelke brechen, die ihre Lippen berührten? Mehr würd ihr Geruch mich erquicken, als Thau die Blumen erquickt. Begierig langt' ich nach ihr: Nein, so sprach ich, sollt ich die Nelke rauben die sie liebt? Nein, an ihren Busen wird Daphne sie pflanzen; dann werden ihre süssen Gerüche zum schönen Gesicht aufdüften, wie ein süsser Geruch zum Olymp aufsteigt wenn man der Göttin der Schönheit opfert.

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TextGrid Repository (2012). Gessner, Salomon. Gedichte. Idyllen. Neue Idyllen. Die Nelke. Die Nelke. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D5E2-6