Mistriss Shaw

Ihr freuet euch an lauten Katarakten
Am schroffen Fels, um den der Nebel schwebt,
Indem euch Schauder über Schauder packten,
Fühlt ihr die Seele erst, dieweil sie bebt.
Es gellt das Ohr, die wirren Sinne schwanken,
Statt klaren Wassers sprüht geballter Schaum,
Im Schiffbruch des Bewußtseins, der Gedanken,
Macht erst Empfindung sich, Begeistrung Raum.
Ich liege gern am moosgeschwellten Rande,
Um den der Bach die Silberwellen rollt,
Das Laubdach schirmt vor heißem Sonnenbrande,
Das Gras durchwirkt der Blumen helles Gold.
Des Wassers Lippen und der Bäume Zungen
Stimmt ein zum Ton berührter Phantasie,
Halb an dem Ohr, halb in der Brust erklungen,
Umkreist ein Strom mich leiser Harmonie.
Da tönt vom Busch ein Laut der Wunderkehle,
Er steigt und schwillt, klingt nach, verhallt und stirbt.
Hab Dank, du Zauberin, o Philomele,
In die verloren man sich selbst erwirbt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Grillparzer, Franz. Gedichte. Gedichte. Mistriss Shaw. Mistriss Shaw. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-EE19-1