14. Naturszene

Das Wasser rinnt vom Felsgestein
Und furcht die moosge Bank,
Die Gräser, hellgrün, schmal und klein,
Sie stehn umher und saugens ein,
Gesättigt ohne Dank.
Und an die Blumen unterm Grün,
Wie Bürgerstöchter stolz,
In blau und rot und goldner Tracht,
Hat sich der Schmetterling gemacht;
Der saugt und küßt und schaukelt sich,
Und fliegt zuletzt davon,
So achtlos, daß am nächsten Tag
Er kaum noch mehr erkennen mag,
Wo er genossen schon.
Und drüber rauscht der Baum, als ob
Nichts unter ihm geschäh,
Nach rückwärts strebt der Fels empor,
Schaut gradaus in die Höh.
Die Wolken aber allzuhöchst
Ziehn hin mit Sturmsgewalt,
Sie weilen nicht, sie säumen nicht,
Rasch wechselnd die Gestalt.
Und durch das All voll Eigensucht
Geh ich mit finstrer Brust,
Vordem genoßner Treu und Lieb
Halb wie im Traum bewußt.

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TextGrid Repository (2012). Grillparzer, Franz. Gedichte. Gedichte. Tristia ex Ponto. 14. Naturszene. 14. Naturszene. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-EF81-9