[188] Begegnung

Wie schön sie war! Die bräunlich blonden Flechten
Bedeckt vom Strohhut mit dem breiten Rand,
Ging sie allein. – Doch nein! zu ihrer Rechten
Ging Unschuld, wie ein Kind sie leitend an der Hand.
Das Antlitz Rosen; aber nicht wie rote,
Wie weißer Rosen Schmelz im Morgentau.
Das Auge, feurig kaum – denn Feuer drohte –
Nicht blau, nicht braun, fast fürcht ich, eher grau:
Und doch, hob sich der Wimper weiche Seide,
Und richtete der Stern sich heimatwärts,
In warmen Strahlen lächelnd wie die Freude,
In feuchtem Taue schwimmend wie der Schmerz.
Nichts scharfgezogen in dem schönen Runde,
Die Nase wie kein Kunstblatt sie begehrt,
In weichem Einbug schließend zu dem Munde,
Halb kindisch fast nach aufwärts noch gekehrt.
Der Mund, in üppger Fülle leicht geschlossen,
Hielt nur zu sehr mit seinen Perlen Haus,
Doch Blumen gleich, von Zephirhauch umflossen,
Sog er die Luft und hauchte Balsam aus.
Der Glieder Spiel – doch vor dem milden Scheine
Trat ich zurück, ob gleich von Wünschen heiß.
Der leichte Kahn, wie schön trägt er die eine,
Spräng noch ein zweites zu – Wer weiß? wer weiß?

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TextGrid Repository (2012). Grillparzer, Franz. Gedichte. Gedichte. Begegnung. Begegnung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-FA0F-9