345. Der Kessel mit Butter

Unter einem Berg des Vispertales, nicht weit von Alttesch, soll ein ganzes Dorf mit Kirche und Häusern vergraben liegen, und die Ursache dieses Unglücks wird so erzählt: Eine Bäuerin stand vorzeiten an ihrem Herd und hatte einen Kessel mit Anke, welche sie auslassen wollte, über dem Feuer hangen; der Kessel war gerade halb voll Sud. Da kam ein Mann des Weges vorbei und sprach sie an, daß sie ihm etwas von der Anke zu seiner Speise geben möchte. Die Frau war aber hartherzig und sagte: »Ich brauch alles für mich selber und kann nichts davon verschenken.« Da wandte sich der Mann und sprach: »Hättest du mir ein weniges gegeben, so wollt ich deinen Kessel so begabt haben, daß er stets bis zum Rand voll gewesen und nimmer leer geworden wäre.« Dieser Mann war unser Herrgott selber. Das Dorf aber war seit der Zeit verflucht und wurde von einem Bergsturz ganz überschüttet, so daß nichts mehr davon am Licht ist als die Fläche des Kirchenaltars, der ehedem im Ort gestanden; über den fließt nämlich jetzt das Bächlein, das vorher unter ihm hingeflossen und sich nun durch die Schlucht der Felsen windet.

[324]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Grimm, Jacob und Wilhelm. Sagen. Deutsche Sagen. Erster Band. 345. Der Kessel mit Butter. 345. Der Kessel mit Butter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-0873-1