[Herr Magister! Gelt, das klingt; ist dir in dem weisen Orden]

[102] Auf die Magister-Promotion des Herrn T(obias) E(hrenfried) F(ritsche) in Wittenberg


Herr Magister! Gelt, das klingt; ist dir in dem weisen Orden
Nicht die Nase wie der Rang einen Fußbreit höher worden,
O so blicke diese Blätter so verliebt und freundlich an,
Als du damahls in den Eichen, weist du gegen wem? gethan.
Darfstu dich doch eben nicht auf ein nettes Lied verspizen;
Du verstehst schon, wie es hält, wo ihr viel zu Tische sizen,
Einer überschreyt den andern, der flickt dies, der jenes ein,
Und ein Bild, von vielen Händen wird sich nirgends ähnlich seyn.
Aber doch vermehlen sich die getreuen Freundschaftsflammen,
Und wir schießen allerseits unsern Dichterkram zusammen,
Blos die Freude zu bezeugen, da dich Fieckchens Ehrenfest
(Aber nicht das braune Fieckchen) über ihren Brautkranz läst.
Hätten wir doch nur die Lust, dich im Schmucke zu erblicken;
Denn du wirst dich, glauben wir, beßer in die Hoffart schicken
Als Sabinchen in die Hauben und Sylvander in das Band,
Das ihm Lieschens kleine Schwester zur Erkäntligkeit gesand.
Bruder, weistu was noch mehr? Las dich doch im Käpchen mahlen,
Amaranthe, sey gewis, wird den Abriß gern bezahlen.
Sie ergezt sich in der Seele, wenn dein wohl gestalltes Bild
In dem angeführten Staate ihr Corsettchen vorwärts füllt.
Zürne nicht, es ist ein Scherz; wir verstehn so gut einander
Als das Pferd Bucephalus und ein großer Alexander.
Hinckt das Gleichnüß, so gedencke: Verse brechen oft ein Bein,
Wenn der Jungfern Zaubereyen dreymahl über Achsel spein.
Du bist auch nicht selten da, wo man Stachelnüße schüttelt,
Und man weis schon, daß dein Kiel an dem kleinen Teller nüttelt,
Über welchen Albimene artig und galant coupirt
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Und gleichwohl im engen Raume keinen Nebentritt verliert.
Umgekehrt! Der Weg ist falsch, und wir gehn zu weit vom Ziele.
Deine Würde lehrt uns jezt, daß man andre Sachen spiele,
Die zum Preis der Wißenschaften (o was herrscht nicht hier vor Wind!)
Nüzlich, dienlich, artig, lustig, nöthig und erbaulich sind.
Dein Examen ist zwar aus, und du hast dich wohl gehalten
Und vermagst nunmehr dein Amt als ein Meister zu verwalten;
Aber höre, rücke näher, Herr Magister, im Vertraun,
Las uns auch ein gutes Muster deines klugen Fleißes schaun.
Lache nicht, du sündigst nur, denn es sind Magisterfragen,
Diese halten wir vor gut, dir im kurzen vorzutragen,
Ja, wir haben auch nichts anders, was zum Bogenfüllen wär;
Macht doch jezt ein jeder Schneider des Apollo Reimsack leer.
Was man in den Kopf gefast, muß man wieder von sich geben,
Also wirstu diesesmahl drey gelehrte Zweifel heben;
Bleibstu gleich die Antwort schuldig, so bemüh dich, daß ein Tag
Vor dem dritten Lutherfeste solche noch gewähren mag.
Sagt man doch, daß sich dein Fleiß der Philologie befleiße,
Darum mach uns erstlich klug, was ein Körbchengucker heiße.
Die Idea solches Tittels kommt uns etwas dunckel vor;
Fort, beleucht ihn wie vor diesem, wenn man dich bey Nacht verlor.
Nachmahls löse gründlich auf, wie man das begreifen müße:
Filamore singet stumm, Cres vertreibt die bleichen Flüße,
Strephon kennt nicht Tact, nicht Noten und spielt doch ein Instrument
Troz dem besten Virtuosen, das man lieber greift als nennt.
Leztlich nimm das Räthsel auf: Eine Trommel von Papiere
Wirbt viel Volck und klingt doch nicht. Ach, gedenckstu, ach, ich spüre,
Schweig, Herr Bruder, wir sind fertig und erwarthen deine Schrift,
Die wir benedeyen wollen, wo sie unsern Mentem trift.
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Phoebus ruft uns: Spannt doch aus! Denn der Pegasus ist müde,
Treibt den abgerittnen Gaul in die allernechste Schmiede,
Seht ihr nicht, der stumpfe Klepper muß noch mehr als Strangvieh gehn
Und, als wär er so gedungen, jeder Magd zu Dienste stehn.
Wir gehorchen, edler Freund, und gestehn es deinem Lobe
Und gestehn es nun im Ernst: Hielten andre Stich und Probe,
Kämen alle Weißheitsmeister deiner klugen Tugend bey,
O so wäre manche Pfarre von gelehrten Stümpern frey.
Trau vorher auf dein Verdienst und erwarthe das Geschicke,
Wahre Lust zur Wißenschaft findet überall ihr Glücke.
Dieses ist die erste Stufe, welche dich mit Ehren hält;
Nun, wer weis, wie bald der Himmel dich an Aarons Seite stellt.

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TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. [Herr Magister! Gelt, das klingt; ist dir in dem weisen Orden]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-23A0-3