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Hafis, der einsam pflegt zu weilen,
Ging gestern nach der Schenke hin:
Gern gab er auf was er beschlossen,
Und nach dem Becher stand sein Sinn;
Ihm war erschienen ja im Traume
Das holde Liebchen: »Jugendglück«
Und wahnsinngleiche Liebe kehrte
In sein ergrautes Haupt zurück;
Als, Herz und Glauben überfallend,
Ein Kind des Wirth's vorüber schritt,
Da folgt' er, fremd für alles And're,
Nur jenes Wohlbekannten Tritt.
Es hat der Rosenwange Feuer
Des Sprossers Garbe aufgezehrt,
Das lachende Gesicht der Kerze
Dem Falter Unglück nur beschert.
Mein Weinen Abends und am Morgen
War nicht verloren, Gott sei Dank,
Weil jeder Tropfen meines Regens
Als selt'ne Perle niedersank.
Der tolle Ssofi, der da gestern
Den Becher und das Glas zerschlug,
Ward durch ein einz'ges Schlückchen Weines
Des Abends wieder weis' und klug.
Da das Narzissenaug' des Schenken
Den Zaubervers zu beten scheint,
So ward zur zaub'rischen Versammlung
Der Ring, der zum Gebet uns eint.
Es wurde jetzt Hafisens Wohnung
Zum kaiserlichen Festgemach:
Da ging das Herz dem Herzgeliebten,
Dem Seelenfreund die Seele nach.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. 143.. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2DF5-8