Eine Pflicht

Schönheit, wo ich dich erblicke,
Huldige ich deinem Licht,
Und wie ich mich selbst erquicke,
So erfüll' ich eine Pflicht.
Hast du je dich selbst genossen,
Wenn man dich nicht erst genießt?
Bleibst du nicht in dich verschlossen,
Wenn man sich vor dir verschließt?
Ja, durchschauert es nicht leise
Auch die lieblichste Gestalt,
Wenn in einem blöden Kreise
Ihr versagt die Allgewalt?
Aber wenn sie, Lust erweckend,
Dieser Lust sich selbst erfreut,
Und, des Zaubers Macht entdeckend,
Den sie übt, ihn still erneut:
Hebt sich da ihr Blick nicht freier,
Weil er fremdes Feuer trinkt?
Fällt die Angst nicht, wie ein Schleier,
Erst bemerkt, indem er sinkt?
Drum ein ungetrübter Spiegel,
Schönheit, werd' ich stets dir sein;
Der Vollendung Sternensiegel
Kommt dir durch dein Bild allein!

Notes
Entstanden 1845.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hebbel, Friedrich. Eine Pflicht. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3CB0-9