2. Böser Ort

Ich habe mich ganz verloren,
Wie ist hier Alles stumm!
Es drängen die schwarzen Bäume
Sich tückisch um mich herum.
[222]
Sie wollen mich nicht mehr lassen,
Mich aber treibt es fort,
Man spricht von bösen Orten,
Dieß ist ein böser Ort!
Hier ist schon Böses geschehen,
Und hier muß mehr gescheh'n,
Wird's nicht an ihm begangen,
So muß es der Mensch begeh'n.
Die Blumen, so hoch sie wachsen,
Sind blaß hier, wie der Tod,
Nur Eine in der Mitte
Steht da in dunklem Roth.
Die hat es nicht von der Sonne,
Nie traf sie deren Glut,
Sie hat es von der Erde,
Und die trank Menschenblut!
Du sollst dich nicht länger brüsten
Auf meines Bruders Grab
In deinem gestohl'nen Purpur,
Ich räch' ihn und breche dich ab!
Dort liegt sie zu meinen Füßen!
Da schwingt ein Vogel sich,
Setzt sich mir gegenüber
Und pfeift und verspottet mich.
»Jetzt läßt der Ort dich weiter,
Da ihm sein Recht geschah,
Du hast die Blume getödtet,
Es war nichts Anders da.«
[223]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hebbel, Friedrich. Gedichte. Gedichte (Ausgabe letzter Hand). Vermischte Gedichte. Waldbilder. 2. Böser Ort. 2. Böser Ort. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3DAF-7