[235] Die Hyäne

Über das schneeweiße Leichenfeld
Eine Riesenhyäne heult und bellt.
Bellt und lacht und pfeift vor Entzücken,
Wehrlos Volk zerriß sie zu Stücken.
Pfeift und lacht und heult vor Lust,
Tot biß sie den Säugling an Mutterbrust.
Wühlt und zerrt, sich satt zu weiden,
Wütend in dampfenden Eingeweiden ...
Um das nackte Scheusal wie Furienhaar
Flattern blutige Geißeln. Das Augenpaar
Funkelt feige voll tückischem Feuer –
Eine Krone klebt auf dem schmutzigen Ungeheuer.
Über das schneeweiße Leichenfeld
Millionenmündig Entsetzen gellt.
Gierig das gräßliche Ungeheuer
Wittert nach allem, was Menschen teuer.
[236]
Schnuppert ringsum, der Atem weht faul,
Nach dem Denker schnappt, nach dem Dichter sein Maul.
Wo noch glühende Pulse der Freiheit klopfen,
Saugt es sie aus bis zum letzten Tropfen.
Schlingt der Menschheit zuckendes Herz
Und schielt heuchlerisch himmelwärts.
Die lechzende Zunge hängt aus dem Rachen,
Die Bestie badet in blutroten Lachen.
Über das schneeweiße Leichenfeld
Ragen Galgen und Kreuz der Welt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Henckell, Karl. Gedichte. Buch des Kampfes. Die Hyäne. Die Hyäne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-50C1-7