[22] Die Siebenzehnjährige auf dem Balle

Du liebst mich, weil durch braunes Haar
Sich schlingt der grüne Lebenskranz,
Weil frisch und voll der Wangen Paar
Und leicht der Fuß sich hebt im Tanz.
O, armer Jüngling! wisse, bald
Ist all das hin, was du geliebt,
Geknickt die blühende Gestalt,
Die jetzt den Zauber auf dich übt.
Denn eine Blume bin ich nur,
Und kurz ist alles Erdenblühn;
Drum suche ew'ger Schöne Spur,
Ihr weihe deines Herzens Glühn.
[23]
Sieh, wenig Lenze gehn in's Thal
Und hin ist dieser Augen Schein,
Gewelkt der Mund, die Wange fahl,
Man sargt die kalte Hülle ein.
Und nur das Kreuz am Hügelrand
Sagt, daß ein Leben hier geblüht,
Und betend faltet wohl die Hand
Der Pilger, der vorüberzieht.

Notes
Entstanden 1815.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hensel, Luise. Die Siebenzehnjährige auf dem Balle. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-53F4-0