Die Nacht

Alle Flammen starben in Nacht auf den Stufen.
Alle Kränze verwehten. Und unten im Blute verloren
Seufzte das Grauen. Wie hinter Gestorbener Toren
Manchmal es fern noch hallt von dunkelen Rufen.
Eine Fackel noch oben bog aus den Gängen,
Lief im Chor. Und versank wie das Haar der Dämonen
Rot und rauchend. Doch draußen der Waldung Kronen
Wuchsen im Sturm und zerrten sich in die Länge.
Und in Wolken hoch kamen mit wilden Gesängen
Weiß die Greise der Stürme, und riesige Vögel scheuchten
Über den Himmel hinab, wie Schiffe mit feuchten
Segeln, die schwer auf den Wogen hängen.
Aber die Blitze zerrissen mit wilden und roten
Augen die Nacht, die Öde der Säle zu hellen,
Und in den Spiegeln standen mit Köpfen, den grellen,
Drohend herauf mit schwarzen Händen die Toten.
Bleibe bei mir. Daß unsere Herzen nicht stocken
Wenn die Türen sich auftun ins Finstere leise
Und in der Stille es steht. – Und sein Atem von Eise
Unsere Adern verdorrt und die Seelen macht trocken
[335]
Daß sie dünn wie ein Hauch aus der Tiefe sich lösen,
Flattern hinaus in die Nacht und sinken und fallen
Dürr wie die Blätter, die traurig am Boden wallen
Schlürfend ins Leere dahin, im Winde dem bösen.
Wenn der Donner Gelächter im Dunkel verhallen.
[336]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Heym, Georg. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Die Nacht. Die Nacht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-62DA-4