9.

Und jenes blassen Mädchens dacht' ich da
In meiner Eltern Haus. Ihr dumpfes Zimmer
Sah in den Hof; da saß sie nähend immer,
Bis ihre Hand dem Linnen ähnlich sah.
Was rings in Stadt und Land und Welt geschah,
Warf in ihr dämmernd Leben keinen Schimmer.
Daß schön die Erde sei, erfuhr sie nimmer
Und dacht' an eins nur: daß ihr Ende nah.
Am Sonntag kam ein blonder Kammerdiener,
Der ihr von Liebe sprach; und schweigend ließ
Und lächelnd sie's geschehn, als wär's zum Spaße.
Zuweilen bracht' er Kirschen mit, dann schien er
Ein Gott ihr und ein kleines Paradies
Ihr Hinterstübchen in der Behrenstraße.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. 9. [Und jenes blassen Mädchens dacht' ich da]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6522-A