Wiesengang

Der letzte Grummetwagen ist herein,
Rund sind die Wiesen leer; das Reich ist mein;
Kein Ährenfeld, das mir verschlossen bleibt,
Nur Stoppeln, über die der Ostwind stäubt.
Ich wandre, wandre. In erschrocknem Lauf
Springt dann und wann ein Häschen vor mir auf.
Die scheue Feldmaus schlüpft behend ins Loch,
Nur ihres Schwänzleins Spitze seh' ich noch.
Zeitlosen ringsumher. Ihr bleiches Rot
Lügt nur das Leben; doch ihr Saft bringt Tod.
Nichts Farbenfrohes, keiner Blume Spur;
Zum Winterschlaf anschickt sich die Natur,
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Wie sich ein schönes Weib am Abend spät
Des Schmucks entkleidet, eh' sie schlafen geht.
Doch wer sie liebt, der findet tausendmal
Sie holder so, als in des Festes Saal.
Geborgen vor der Schmeichler ödem Schwarm
Hält er sie jetzt am Busen, liebewarm,
Entzückt von ihres Auges letztem Gruß,
Den vorm Entschlummern sie ihm gönnen muß,
Wie dort der Sonne letzter Schimmer müd
Aus tiefgesenkter Wolkenwimper sprüht.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Sommer und Herbst. Wiesengang. Wiesengang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6738-C