[Ihr bleichen buhler schwartzer zeit]

C.H.v.H.


Ihr bleichen buhler schwartzer zeit/
Die ihr die nächte zieret/
Und flammen voller lieblichkeit
Durch trübe wolcken führet/
Werfft einen strahl
Von eurem saal/
Und schaut/ ob meine schmertzen
Sich gleichen euren kertzen.
Die gantze welt sinckt itzt zur ruh/
Nur meine seuffzer wachen.
Die sonne drückt ihr auge zu/
Mir meines auffzumachen.
Dort euer schein/
Hier meine pein/
Die geben zu verstehen/
Daß sie nicht schlaffen gehen.
[381]
Ihr fackeln seyd itzt hochgestellt/
Ich lieg im leid begraben:
Euch rühmt der weite kreyß der welt/
Ich weiß kein lob zu haben.
Ihr kennt kein joch/
Mich drückt es noch/
Ihr könnt die flammen zeigen/
Und ich muß sie verschweigen.
Nun Polydorus bleib allhier/
Und fechte mit gedancken.
Furcht und betrübniß zeigt sich dir
In des gemüthes schrancken.
Diß/ was mein geist
Mich hoffen heist/
Vergleicht sich euch ihr sternen/
Es zeigt sich nur von fernen.
Mein sinn ist wie ein grünes land/
Da hoffnungs-blüten prangen/
Die doch des glückes falsche hand
Läst keine frucht erlangen.
Des geistes glut/
Der augen flut/
Der pein in meinem hertzen/
Ist mehr als eurer kertzen.
Ich bin ein schiff der liebes-see/
Das wind und wetter plaget/
Dem unglück/ hoffnung/ furcht und weh/
Durch mast und segel jaget.
Hier zeiget sich
Kein port für mich/
Dieweil ich itzt muß meiden
Den leitstern meiner freuden.
[382]
Ich weiß/ weil mich die noth bekriegt
An mehr als tausend enden/
Daß Amaranthe ruhig liegt/
In Morpheus süssen händen.
Daß ihre brust
Nicht ohne lust
Wird auff und nieder reisen/
Da mich die thränen speisen.
Ihr sterne lasst das blaue dach/
Und sencket euch hernieder/
Erfüll't ihr kühles schlaffgemach/
Erwecket ihre glieder!
Verschweigt ihr nicht/
Wie meine pflicht
Mehr thränen hier vergossen/
Als sie der lust genossen.
Zeigt ihr/ was Polydorus macht/
Der in dem feuer lebet/
Wie alle noth bey ihm erwacht/
Und schrecken um ihn schwebet.
Wie furcht und pein
Hier schwestern seyn/
Und dieses ihn betrübet/
Was er zu treu geliebet.
Rufft ihr in meinem namen zu:
Der Polydorus wachet/
Weil Amaranthe in der ruh
Der süssen träume lachet.
Es scheint/ mein hertz
[383]
Läst solgen schmerz
So reichlich hier entspriessen/
Weil thränen mich begiessen.
Doch glaube/ daß die rundte flut
Nicht ohne feuer qvillet.
Ich schwere/ daß sie geist und blut
Mit tausend flammen füllet.
Wer bey der nacht
Der träume lacht/
Soll diese straff erkennen/
Er soll bey tage brennen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Verliebte Arien. [Ihr bleichen buhler schwartzer zeit]. [Ihr bleichen buhler schwartzer zeit]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6BF5-2