Aleran an Adelheiden

Was schreibt man mir itzund? die Rosen seyn verlohren,
Und Adelheidens Glantz durch mich hinweg geraft?
Sie werden wie es scheint dir itzund neu gebohren,
Und deine Kummer Fluth erfrischet ihre Krafft.
Es scheint die Liebligkeit die kan dich nicht verlassen,
[37]
Sie bittet allezeit dir freye Taffel an,
Dein Auge will mich itzt in nasse Garnen fassen,
Nachdem sein Feuer mir Gewalt hat angethan.
Doch weine nicht zuviel, wir haben nichts begangen,
Was Folter, Eisen, Strang, und Feuers würdig sey;
Wir haben keinen Krieg zusammen angefangen,
Und unser Bündnüß weiß nichts von Verrätherey.
Die Schuld so uns betrifft, besteht in Lust und lieben,
Es hat ja die Natur nicht Straff auf diß gestellt,
Der Himmel ließ es frey die ersten Völcker üben;
Es war ein Zeitvertreib und Spiel der alten Welt;
Seyd fruchtbar hat zwar Gott in Marmel nicht gegraben,
Doch schrieb Er in das Bluth diß Paradies Geboth,
Was will man bessern Grund von dieser Sache haben?
Die Taffel war der Mensch, der Schreiber aber Gott.
Nach diesem haben wir durch Schärffe der Gesetze,
Das schwere Joch verstärckt: wie irrt die Sterbligkeit!
Sie strickt ihr durch die Kunst selbst kummer-reiche Netze,
Und frist sich der Gestalt durch Klugheit vor der Zeit.
Die Eh' war erstlich nur ein Schluß in dem Gemüthe,
Der endlich auch den Leib zu einen Zeugen nahm,
Wer sprachte dazumal von Stand und von Geblüthe,
Nachdem die erste Braut zu ihrem Manne kam?
Die Ehberedung war geschrieben in den Hertzen,
Die Tinte war das Bluth, das Siegel war ein Kuß,
Sie hatten sonst kein Licht, als nur des Himmels Kertzen,
Und liebten keine Pracht bey diesem Uberfluß;
Braut- und auch Trauring kam aus eines Meisters Händen,
Denn Gold lag dazumahl noch in der Mutter Schoß,
Ihr Bette knackte nicht und war nicht umzuwenden,
Der Himmel war die Deck', ihr Pfühl der Erdenkloß.
Doch kan man freylich nicht Gebräuche hintertreiben,
Sie meistern die Natur und seyn der hohe Rath;
Sie seyn fast Müntzen Arth, ihr Werth der muß verbleiben,
Nachdem der Ruf der Zeit ihn ausgesetzet hat.
Ich weiß was itzt die Welt von Liebe pflegt zu halten,
Die ohne Priesters Hand zufleischlich worden ist,
[38]
Ich weiß es das die Gunst der Aeltern muß erkalten,
Wann wieder sie ein Kind hat einen Mann erkiest.
Es wird der gantze Hof von Zorn und Feuer brennen,
Wann er erfahren wird, was ich und du vollbracht,
Es wird uns iedermann mit einem Nahmen nennen,
Den unsre Vorwelt hat zum Hohn und Schimpf erdacht.
Mich deucht ich höre schon: Sind das die edlen Sachsen?
Ist diß der fremde Stern, der meinen Hof geziehrt?
Ist diß der junge Fürst, durch meine Gunst erwachsen?
Daß er der Tochter Krantz, und meinen Schatz entführt?
Du Schlange, hab ich dich in meiner Schoß genehret,
Auf daß mich endlich nu die falsche Zunge sticht?
Diß was dein Hochmuth sucht, das wird dir nicht gewehret,
Und deinem Haubte wächst hier keine Crone nicht.
Verfolgung, Ungemach, Schwerdt, Foltern, Grimm, und Rache,
Das sey das Hochzeit Gift, daß ich dir geben kan,
Der Himmel führe selbst das Recht von meiner Sache,
Und greiffe meinen Feind mit Donner Waffen an.
Diß schöne Hochzeit Lied, wird mir dein Vater singen,
Bey dem sich ohne diß der Eifer leicht erregt,
Es wird der gantze Hof mir ein Geschencke bringen,
So die Verachtung hat mit ihrer Hand gepregt.
Der Neid hat noch bißher von weiten sich gehalten,
Itzt wird er aber keck in voller Rüstung stehn,
Der besten Freunde Gunst wird als ein Eiß erkalten,
Und keiner wird mit mir gedencken ümzugehn.
Denn Freunde halten stets der Schwalben falsche Weisen,
Des Glückes Sonnenschein der führt sie bey uns ein,
Des Unfalls kalter Nord befiehlt ihn abzureisen,
Noth will das Schiboleth der rechten Freundschafft seyn.
Doch dieses Klagen kan den Noth Stand nicht vertreiben,
Hier ist kein Pfennig mehr zu zahlen unsre Schuld,
Und die Errettung steht in keinen langen Schreiben,
Was hier uns helffen kan, ist Gott, Flucht, und Gedult.
Ich weiß dein zarter Fuß und deine reine Brüste,
Da nichts als Rosen Blut und Lilgen Milch geschwebt,
Die seyn fast ungewohnt zu wandeln in der Wüste,
[39]
Da nichts als Schlangen Gift und Trachen Geifer klebt.
Du soltest billich nichts als edles Rauchwerck schmecken,
Der Frühling sollte nur bekleiden deine Bahn,
Es solte dir ein Rock die schönen Lenden decken,
So Seide nichtig macht und Gold beschämen kan.
Doch das Verhängnüß läst sich nicht durch Menschen zwingen,
Man muß gehorsam seyn wenn dessen Stimme ruft,
Und will dich gleich dein Land mit Ach und Weh verdringen,
Vielleicht grünt dein Gelück in einer fremden Lufft.
Nun Liebste säum dich nicht mit mir die Flucht zunehmen,
Und in die frembde Luft zu setzen deinen Fuß,
Bemüh' itzt in Gedult der Zeit dich zubeqvemen,
Es ist ein schweres Wort auf dieser Welt: Man muß!
Umb viere wirst du mich in deinem Garten finden,
Ach Liebster Schatz vergiß der frühen Stunde nicht,
Es wird der saure Schritt dich mir, mich dir verbinden,
Die Noth ist unser Stab, die Lieb ist unser Licht.
Der dir mein Schreiben gibt, der wird dich auch begleiten,
Er stellet sich bey dir als treuer Führer ein,
Du kanst ohn' alle Furcht auf seine Worte schreiten,
Bist du dann Helena, so muß ich Paris seyn.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Sinnreiche Heldenbriefe. Liebe zwischen Aleran, einem Deutschen jungen Fürsten. Aleran an Adelheiden. Aleran an Adelheiden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6C80-B