An einen Knaben

Wohl dir, dem noch der bleiche Mund
Der Amme Lieder singt,
Den noch der kleine Schlummergott
In Schwanenarme schlingt.
Wohl dir, dein kleiner Busen kennt
Den Flitterprunk der Welt,
Und Amorn nicht, den losen Gott,
Der schlaue Netze stellt.
Doch bald entfliegt, mit Adlerflug,
Die süße, goldne Zeit,
Die Tag und Nacht der sanfte Schlaf
Mit Mohnlaub überstreut.
Dann plagt ein mürrischer Pedant
Dein Köpfchen mit Latein,
So sehr Mamachen auf ihn schmählt,
Bis in die Nacht hinein.
Du fluchst dem ehrlichen Terenz
Noch oft in seiner Gruft,
Wenn er von deinem Steckenpferd
Dich in die Schule ruft.
Du wünschest oft, wenn Cicero
Dein süßes Spiel verrückt,
O hätt er doch, der böse Mann,
Das Tagslicht nie erblickt.
Ruh sanft, so lange dir das Lied
Der Amme noch erschallt,
Die süße Morgendämmerung
Der Kindheit fliehet bald.
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. An einen Knaben. An einen Knaben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7E31-E