Das Traumbild

Wo bist du, Bild, das vor mir stand,
Als ich im Garten träumte,
Den Rosmarin ins Haar mir wand,
Der um mein Lager keimte;
Wo bist du, Bild, das vor mir stand,
Mir in die Seele blickte,
Und eine warme Mädchenhand
An meine Wange drückte?
Nun such' ich dich, mit Harm erfüllt,
Bald bey des Dorfes Linden,
Bald in der Stadt, geliebtes Bild,
Und kan dich nirgends finden.
Nach jedem Fenster blick' ich hin,
Wo nur ein Schleyer wehet,
Und habe dich, o Lieblingin,
Noch nirgends ausgespähet.
Komm' selber, süßes Bild der Nacht,
Komm', mit den Engelsminen,
Und mit der leichten Schäfertracht,
Worin du mir erschienen.
Bring' mit die schwanenweiße Hand,
Die mir das Herz gestohlen,
Das purpurrothe Busenband,
Das Sträuschen von Violen.
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Dein großes, blaues Augenpaar,
Woraus ein Engel blickte,
Die Stirne, die so freundlich war,
Und guten Abend nickte.
Den Mund, der Liebe Paradies,
Die kleinen Wangengrübchen,
Wo sich der Himmel offen wies,
Bring' alles mit, mein Liebchen!
[65]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Das Traumbild. Das Traumbild. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7E4E-0