[301] Uber das Absterben des Herrn Geheimen Raths und weitberühmten JCti, Samuel Stryken

Im Nahmen anderer.


Ihr Musen der betrübten Saale/
Die itzt von vielen Thränen schwellt/
Wie wird euch bey dem starcken Strahle/
Der euer Saal-Athen befällt?
Ihr müßt in tausend Schmertzen stehen/
Denn so ein Schlag ist nie gesehehen.
Weil Fridericiana prauget/
Die Tochter Preussens Majestät/
Weil Stryk und Thomas ihr erlanget/
Was über ihres gleichen geht/
Weil die berühmten Helden lehren/
Ist kein so großer Fall zu hören.
Entfernte/ die sich mit den Schätzen
Fridricianens groß gemacht/
Die theils die halbe Welt besetzen/
Wo sie die Ehre hingebracht/
Laßt Euch in fernen Landen sagen:
Der große Stryk ist zu beklagen.
Der Glocken-Klang macht ein Gethöne/
Und schlägt dadurch an unsre Brust.
Die Klagen aller Musen-Söhne/
Sind die: Hier lieget unsre Lust/
[302]
Der Ruhm/ der diß Athen gebauet/
Daß sich sein Glantz unsterblich schauet.
Ihr/ die ihr euch in Schrifften grabet/
Und draus den Kern der Rechte zieht/
Die ihr die besten Bücher habet/
Ihr/ deren Aug' auf Gründe sieht/
Laßt es in lauter Thränen rinnen/
Denn der euch schrieb/ nun von hinnen.
Ihr Redner/ deren Lippen Quellen/
Mit güldnen Adern ausgelegt/
Wo Geist und Anmuth sich gesellen/
Küßt dieses Grab von Schmertz bewegt:
Der Mund/ wo Lieblichkeit geflossen/
Liegt unter diesem Stein geschlossen.
Ihr Klugen/ die des Fürsten Augen/
Ihr Reichen/ die der Armen Schatz/
Ihr Christen/ deren Wercke taugen/
Betrachtet diesen engen Platz:
Hier liegt ein Wunder dieser Zeiten/
Von klugen/ reich und frommen Leuten.
Die Ceder fällt von unsern Höhen/
Der Rechtsgelehrten Fürst erblaßt.
Ists müglich/ daß es kan geschehen/
Daß unser Mund die Worte faßt:
Der Vater/ den die Musen haben/
Der holde Stryk wird nun begraben.
Was die Natur fast sonder gleichen/
Die Kunst zum Wunder hat gemacht/
So weit als ein Verstand kan reichen/
Hat in dem theuren Stryk gelacht/
Dem alles war in diesem Leben/
Die Ewigleit nur nicht gegeben.
[303]
Sprich/ Franckfurth/ Wittenberg und Halle/
Hat Strykens gleichen je gelehrt?
Ihr Hochberühmt Gelehrten alle/
Die ein Athen in Teutschland ehrt/
Sprecht/ ob nicht Wissenschafft und Gaben/
Zur Cron 1 Ihn Euch gegeben haben.
Die Ewigkeit nahm eine Feder/
Die Weißheit ihren holden Mund/
Die Sonne nahm die güldnen Räder/
Und machten unsern Stryken kund:
Hiermit lauf durch das Rund der Erden/
Du sollst dadurch unsterblich werden.
Was die gesaget/ ist geschehen/
Kein Ort ist in gelehrter Welt/
Wo nicht diß Licht der Welt zu sehen/
Im Geist und Schrifften aufgestellt.
Zu diesen ungemeinen Strahlen/
Will nun der Todt die Schatten mahlen.
Sein Geist bleibt ewig hochgepriesen/
Der/ ob des Lebens Kräffte schwach/
Doch Riesen Stärcke hat erwiesen/
Sein Muth gab nicht den Jahren nach.
Man konte bey dem Wunder mercken/
Daß ihn der Himmel müsse stärcken.
Der Himmel gab zu großen Dingen
Der Erden seinen Stryk allein/
Drum halff er Ihm auch die vollbringen/
Und da sie nun vollendet seyn/
So nimmt er Ihn: doch muß der Erden.
Was irrdisch war/ auch wieder werden.
[304]
Ihr Musen gehet tief im Leide/
Folgt seiner Leiche willig nach/
Denckt an die Ehre/ Ruhm und Freude/
Damit man sonst von Halle sprach:
Entfernte helfet gleichfals klagen/
Denn Stryk wird auch von euch getragen.
Wohin/ ins Grab? Nein/ in die Hertzen.
In Erde? Rein/ in den Verstand.
Sein himmlisch Wesen/ seine Kertzen
Sind nie vom irrdischen entbrandt.
Drum ist die Grufft/ Ihn einzusencken/
Hochachtung/ Lieb' und Angedencken.
Hier wird man Ihn unsterblich schätzen/
Weil der Gelehrten Welt noch ruht/
Die Fama soll die Aufschrifft setzen:
Hier liegt ein unvergleichlich Gut/
Von Strykens-Tugend balsamiret
Das die Verwesung nicht berühret.
So muß ein Stryk auf ewig leben/
Fridriciana, fasse dich!
Wie viel hat Gott dir noch gegeben;
So lebet auch dein Friederich/
Der deinen Glantz so hoch erhöhet/
Daß anderwerts nur Schatten stehet.
Ihr Musen baut Ihm Ehren Seulen/
Die mehr als Diamanten seyn.
Laßt eure scharfen Sinnen eilen/
Doch haltet mit der Kühnheit ein.
Was unser großer Stryk gewesen/
Muß man aus Strykens Schrifften lesen.

Fußnoten

1 Er ist aller Professorum in Teutschland Senior gewesen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Lob- und Trauer-Gedichte. Uber das Absterben des Herrn Geheimen Raths. Uber das Absterben des Herrn Geheimen Raths. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-875D-7