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Im Glase blüht ein frischer Rosenstrauß,
Daneben webt ein Jünglingsleben aus;
Ins Zimmer bricht der volle Abendglanz –
Welch schönes Bild für einen Totentanz!
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Von rotem Golde trieft das Sommerland,
Die Reb am Fenster und die Kammerwand,
Der Todeskranke und sein Linnentuch,
Rot blüht das Pfäfflein betend aus dem Buch.
Du armer Schwarzer, sag, was willst du hier?
Sieh! nicht einmal die Blumen horchen dir.
Nach Westen neigt sich alles insgesamt,
Die Sonne übt das heil'ge Totenamt.
Wie abendschön das Haupt des Kranken glüht,
Daß kaum man ahnt, wie weiß der Tod drauf blüht!
Sein Nachtmahlkelch ist lautres Sonnengold.
Wie schlürft er durstig diesen Liebessold!
Und scheidend winkt der letzte Lebensstrahl,
Erkaltet und verglüht sind Berg und Tal;
Die Rosen sind geblieben frisch und rot,
Jedoch das Menschenkind ist bleich und tot!

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TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. Gedichte. Gedichte. Natur. Abend. 3. [Im Glase blüht ein frischer Rosenstrauß]. 3. [Im Glase blüht ein frischer Rosenstrauß]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9B43-D