Rot

»Blut ist ein ganz besondrer Saft!«

»Ich bin rot und hab's erwogen
Und verkünd es unverweilt!
Und geköpft sei jeder, welcher
Das Prinzip nicht mit mir teilt!«
Also in des Baders Stube
Hört ich einen, der dies sprach,
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Eben als 'nem feisten Bäcker
Jener in die Ader stach.
Und des Blutes muntrer Bogen
Aus dem dicken drallen Arm
Fiel dem Sprecher auf die Nase,
Sie begrüßend freundlich warm!
Bleich entsetzt fuhr er zusammen,
Wusch darauf sich siebenmal;
Doch noch lang rümpft' sich die Nase,
Fühlt' noch lang den warmen Strahl.
Eine Ros' im Wetterscheine
Sah ich blühen brennend rot;
Einen Becher sah ich glühen,
Der noch tiefre Röte bot!
Aber rief etwa die Knospe
Vorher, daß sie rot wollt sein?
Schrie der junge grüne Weinstock:
Ich will geben roten Wein?
Nein, der ewig goldengrüne
Baum des Lebens tut das nie,
Das tut nur die ewig graue,
Graue Eselstheorie!
Manches Brünnlein mag noch springen
In das Gras mit rotem Schein;
Doch der Freiheit echter, rechter
Letzter Sieg wird trocken sein.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. Gedichte. Neuere Gedichte. Romanzen. Rot. Rot. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9DFA-3