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Die Flamm ist tot, der Krater ist verglüht,
Die Himmelsrose drüber aufgeblüht;
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Sie glänzt auf Kohlen, wo die Wohnung stand,
Verschwunden ist das morsche Werk der Hand.
Woran der Mensch die Totenhände legt
Und was er diebisch scheu zusammenträgt:
Hin ist nun alles, was nach Richt und Maß,
Gefügt, gebunden, aufeinander saß.
Doch ihr erglänzet mir unwandelbar,
Ihr Morgenlande, wonniglich und klar,
Ihr Berg' und Täler voller Knospendrang,
Voll Quellenrauschen und voll Frühlingssang!
O Überfülle, die zum Lichte schwillt,
O Blütenwirbel, der da überquillt
Und überwuchert, wo die Sünderhand
Ihr Maß will legen auf das reiche Land!
Das ist die Nachhut, die den Rücken deckt;
Drum auf zum Werke, Menschheit, unerschreckt!
Bau auf, reiß nieder und bau wieder auf:
Das Jahr geht immer seinen Segenslauf!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. 10. [Die Flamm ist tot, der Krater ist verglüht]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9E20-5