[52] Der deutsche Tribun

Es stand ein zierlicher Jüngling
Auf einem Hügel von Stein,
»O dürfte ich«, – rief er, »hinüber,
Hinüber bis über den Rhein!«
Die Welle zu meinen Füßen,
Da drüben den deutschen Grund!
So steh' ich, mich sehnend am Ufer
Tagtäglich zu jeder Stund'!
Ich bin der echteste Deutsche,
Verbannet, doch ohne Grund,
Ein Deutscher schon tausend Jahre! –
Und spöttisch lächelt sein Mund.
Ein Deutscher, trotz brauner Locken,
Der Falte inmitten der Stirn,
Dem trüben und bleichen Antlitz,
Und meinem so glühenden Hirn.
Wer war's, der sich so sinnig
An jenen Felsen gelehnt,
So wahrhaft sich und innig
Nach Deutschland hat gesehnt?
[53]
Er war's, der wackre Börne,
Der Meister vom Rechtsgefühl –
Der Deutschland ernsthaft liebte
Mit heißestem Pflichtgefühl!
Den Deutschland einstens verstoßen,
In Deutschland einstens verpönt,
Und der sich drum nicht minder
Nach Deutschland hat gesehnt.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kempner, Friederike. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1903). Der deutsche Tribun. Der deutsche Tribun. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A034-C