Der Sinn der Ferne

Erd' und Himmel rollen in einander,
Nur ein einzig Sternlein blinket noch,
Wie ein blaues Aug' im dunklen Wetter
Strahlt es an dem Himmelszelte hoch.
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Jenes Sternlein birget ferne Welten,
Und Dein Blick, er trägt Dich sonnenweit:
Wer rief jenen Stern und jenen Sinn der Ferne
In das Leben unsrer Wirklichkeit?
Mast und Segel schwimmen auf dem Meere,
Wer schafft dieses Ungewitters Sturm?
Und die Schlange in den schwarzen Wolken,
Und den kleinen roten Totenwurm?
Menschheit unter Würmern, steh' mir Rede,
Armes undankbar – verwöhntes Kind.
Trägt der Zufall meilenweit die Blicke,
Ist's nur Zufall, daß wir sterblich sind?
Unser Jammer bürgt für Ewigkeiten –
Und das offne, nimmersatte Grab!
Doch ein Gott erschuf den Sinn der Ferne,
Und wir sinken drum getrost hinab. –

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kempner, Friederike. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1903). Der Sinn der Ferne. Der Sinn der Ferne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A34A-2