Szene aus Wien im Jahre 1831

Der Tod kalt durch die Erde geht,
Die Ähren und die Saat er mäht,
Der Bleiche schreitet nimmersatt
Durchs Ungerland zur Kaiserstadt. –
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O Toter! wie bist du allein!
Kein Bruder folget deinem Schrein,
Gedungne Träger, stumm und kalt,
Fortschleppen dich ohn' Aufenthalt,
Und wo der Zug erscheint, da weicht
Das Volk zur Seite und erbleicht.
Hier auch kommt so ein Zug heran,
Sie tragen einen Bettelmann.
Kein Aug' auf dieser Welt dem weint,
Dem folgt am wenigsten ein Freund.
Erschrocken weicht das Volk zurück,
Nur einer bleibt, Mitleid im Blick,
Und schnell gewandt zum Sarge, geht
Der hintennach, still, mit Gebet.
Ich bin ein fremder Wandrer hier,
Wer ist der Mann? o sagt es mir!
Ist das nicht hier der beste Christ,
Wenn es nicht gar ein Engel ist?
»Ja, Wandrer, du bist fremd hier ganz;
Der Mann dort – ist ja unser Franz!«

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TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Gedichte. Die lyrischen Gedichte. Szene aus Wien im Jahre 1831. Szene aus Wien im Jahre 1831. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A471-D