Das Verbrennen alter Zeit

Wenn der Mensch, ein faulend Aas,
Lieget unter Erd' und Gras,
In und auf ihm Würmer, Käfer,
Sagen sie: Der müde Schläfer
Ruht nun süß im Erdenschoß!
Ich doch sage: herbes Los!
Und die Leiche, die ins Meer
Man gesenket, treibt umher
Unter Haien, Wasserschlangen,
Deren Magen sie empfangen.
Oben spricht ein dummer Mund:
Der ruht süß im stillen Grund!
Abscheu auch der Fürstengruft,
Wo ein Leib voll Moderduft
Liegt gekrönt im Sarkophage,
Daß er noch am Jüngsten Tage
Engeln Gottes Zeuge sei
Menschlicher Alfanserei.
Glaubt, am schönsten wär' noch heut
Das Verbrennen alter Zeit,
Feuer läßt zurücke keine
Totenköpf' und Totenbeine,
Was als Asche kam zur Welt,
Flugs in Asche niederfällt.
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Und zum Trotz dem kalten Tod
Glüht ein heißes Morgenrot,
Solches trägt in Himmels Lüfte
Über Moder, über Grüfte
Eines Menschen letzten Rest –
Das ist Tod nicht, – ist ein Fest.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Das Verbrennen alter Zeit. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A77A-3