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Die Sanduhr rinnt. Das Licht verbrennt.
Man färbt sich den Bart mit Listen.
So richt ich denn mein Testament
Wie alle guten Christen.
Wo ist mein fester Blick? Ich bin
Ein Säufer und taumle und stiere.
Ich vermache mein Doppel- und Stoppelkinn
Meinem Hofbarbiere.
Hier dieses Herz: es zuckte und hing
An allem Erlauchten und Edeln.
Es mag ein fünfzehnjähriges Ding
Die Fliegen sich damit wedeln.
Hier diese Hand: einst Hieb und Stich
Beim Becher und beim Degen -
Sie mag versteint und verknöchert sich
An eines Bischofs Wange legen.
Mein Liebeswerkzeug sei vermacht
Der lieben süßen Margot.
Sie betet es an um Mitternacht
Im fürchterlichsten Argot.
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Und meinen Haß: ich schenke ihn
An jedermann und alle.
Sie sollen ihn sich auf Flaschen ziehn
Als Gift und grüne Galle.
Mein Wappen und mein Rittertum
Einem unehlichen Kinde:
Es schrei meine Ehre und meinen Ruhm
In alle Budiken und Winde.
Gegeben Gefängnis Meung sur Loire,
Verlaust, wie ein Tier hinter Stäben,
Von einem, der einst ein Dichter war
In diesem und jenem Leben.

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TextGrid Repository (2012). Klabund. Gedichte. Der himmlische Vagant. 21. [Die Sanduhr rinnt. Das Licht verbrennt]. 21. [Die Sanduhr rinnt. Das Licht verbrennt]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AE64-0