[83] Auszgiessung Gottes desz heiligen Geistes

(Trocheische.)

Komm Nordwind komm/ 1 du Sud steh auf/
Nim durch den Garten deinen Lauf/
Laß seine Wurtzeln wol durchnässen/
Der angeneme Himmelswest
Sich in der Hitze hören läst/
Wir wollen seiner nicht vergessen.
(Neue Trocheische Männlicher Art.)

Als der rohten Sonnen Wagen durchgebrochen durch die Nacht/
Vnd der grosse Tag der Pfingsten 2 war der lieben Schaar gebracht/
Lässet sich mit Sausen hören eines grossen Sturmes Brauß/
Salem zittert/ es erschüttert üm und an der Jünger Hauß/
Das bekante Zimmer gläntzet/ Flammen blitzen/ Feuer hitzt/
Feuer wärmet ihre Hertzen/ Feuer auf der Zungen sitzt/ 3
Petrus/ dem die lose Magd 4 zum Verbrechen hat bethört/
Von dem Himmel angefrischet 5 in sehr frembden Sprachen lehrt.
Der den Meister hat verläugnet/ der mehr als verzagte Held/
Pralet/ als wenn er gewesen 6 in der gantzen weiten Welt/
[84]
Salem 7 hört bestürtzet reden aller Länder Sprachen hier/
Mein? was sagen diese Fischer/ lieber steht! was hören wir/
Was für grosse Gottesthaten kommen doch für unser Ohr/
Die der Parther wol verstehet 8 und der schwartzgebrante Mohr/ 9
Die wir durstig trinken müssen der Hirkaner blaues Meer/ 10
Vnd die wir zum Feste kommen von dem lauen Tigris Heer/ 11
Die wir Libien 12 bewohnen/ bauen den erhitzten Sand/
Die Cyrene 13 hat geschikket das berümte Pferdeland.
Dieses Werk verwirt die Völker/ nimmet ihre Hertzen ein/
Viel sind/ die es gar verlachen/ legen es auf guten Wein/ 14
Diese haben sich bezechet/ 15 sagen sie/ im süssen Must/
Darüm schwatzen sie so kühne/ darüm sind sie bey der Lust.
Der auß nichts die Welt geschaffen und auß Wasser machet Wein/
Sendet diese Himmelsgaben/ netzet Mund und Hertzen ein
Wilkommen süsser West/ 16 hol Athem auß dem Grunde/
Blaß unser Schiflein an mit voller Brust und Munde/
O günstiger Nordwest/ wir ankern/ stehe auf/
Blaß hurtig/ wie du thust/ daß deine Beute lauf/
In alle Länder hin/ wir reisen mit Verlangen/
Der guten Hofnung Häubt bald frölich zu empfangen/
Eilt/ stekt die Flaggen auf/ 17 lauft eilends an den Port/
Man zeucht die Segel auf/ die Schiffe gehen fort.
Komm süsse Regenbach/ 18 wir haben durst geklaget/
Es hat uns dürre Zeit und unser Hertz geplaget/
Ach treufle fort für fort du reiches Himmelnaß/
Ach netze Seel und Leib/ ach netze Laub und Graß/
Vorauß zur letzten Stund/ 19 wann dieses schwache Leben
Nun auf der Zunge steht/ und gute Nacht will geben/
Der Vatter läst das Kind/ das Kind den Vatter stehn/
Wir liegen/ röcheln nur/ kein Mensch will zu uns gehn/
[85]
Verstand und Sinn ist hin/ der Tod stöst nach dem Hertzen/
Wo suchet man nun Raht in solcher Angst und Schmertzen?
Bey dir Gott heilger Geist! Du/ O du waarer Gott!
Nim dich der Kranken an/ hilff uns in Sterbensnoht.

Fußnoten

Sichtbare Außgiessung Gottes deß heiligen Geistes.


1 Hier fordert unser Himmlischer Seelenbräutigam zweene gantz widerwertige Winde auf/ denn der Nordwind/ so von Mitternacht herwehet/ rauh und kalt ist; Der Sudwind aber/ so von Mittag herbläset/ist ein warmer Regenwind und den Blumen schädlich: Hiermit wolte der traute Heiland anzeigen/ daß es über seinen lieblichen Kirchengarten und dessen schönen Gewächsen und Blumen viel Wetter geben würde/ ja darinnen offt gantz widerwertig daher gehen/ nach Außsage unsers in allen Wissenschafften tiefgelehrten und dahero unvergleichlichen Dilherrns an dem 106 Blate der Andachten über das Königliche Brautlied Salomonis.

2 πεντηκοστὴ, die Jüden feireten ihre Pfingsten zur Wiedergedächtnis der mit Gottes Finger geschriebenen und Most übergebenen Gesetztafeln: Wir aber im Neuen Testament/ weil der heilige Geist über die Mundbotẽ und alle Gläubigen Gottes außgegossen worden. Vnsere haben ihren Namen vom 50. Tage nach der Auferstehung Jesu Christi/ jener nach Außführung der Kinder Israel auß Egypten.

3 Die Mahler bilden die Mundboten Gottes ab/ als wenn feurige Flämlein über ihren Häubtern gelodert/welches in H. Schrifft keinen Grund hat. Der Sprachkündige Schindler in seinem Hebreischen Wörterbuche bey dem Stamme ןשל, von welchem wächset ןושל eine Zunge/ erkläret den Griechischen Text also: Man sahe an ihnen unterschiedene oder zertheilete Flämlein/ die wie die Zungen zugespitzet waren.

4 Ist die Thürhüterin/ ob sie gleich der Syrer המלע eine Jungfer nennet/ so ist es doch nur eine schlechte Magd/ die nach Landesart auf die Thür bestellet gewesen. Wie aber diese Magd Petrum erkennet/ sind vielerley Meinungen/ einmal ist gewiß/ daß Petrus/als sie ihn das erste mal gefraget/ und er mit der Sprache nicht recht herauß gewolt/ auf die andere Zurede den Herrn schändlich verlaugnet. Sic ergo, sagt S. Augustin. ad unius auræ levissimæ impulsum, columna firmissima tota contremuit: Es hat sich durch ein schlechtes anwehendes Lüfftlein die vestgegründete Seule gantz erschüttert.

5 Wie das Wasser/ sagt Granatensis/ das von Natur schwer ist/ und unter sich steiget/ wenn es zum Feuer gesetzet und siedend wird/ vergisset es seiner Natur/steiget über sich, kan nicht in dem Geschirr behalten werden/ sondern wallet und strudelt herauß: Also die Mundboten Gottes/ von dem Himmelsfeuer entzündet/ können sich nicht länger halten/ sondern brechen herauß in das Lob und freie Bekäntnis GOTTES.

6 Weil er/ ob er sich wol nicht weit verwandert/ jetzt in allen Sprachen/ die unter der Sonnen mögen gefunden werden/ die grossen Thaten Gottes lehret. Ja es ermannen sich die beide Fischer Petrus und Johannes vor Hannas und Caifas/ den Christum/ den diese unlängsten zum Tode verdammet/ standhafftig zu bekennen/ in Apostolisch. Geschichten am 3. vers. 8. 9. 10. 11.

7 Die H. Stadt Jerusalem ist anfänglich Salem genennet worden/ im 1. Buch Mos. 14. v. 18 םלש ךלמ קדצ-יכלמ Melchisedech/ der König von Salem/ welcher sie auch erbauet. Josefus im 1. Buch von Jüdischen Geschichten am 20. Cap. Nachmaln ist sie von den Jebusitern erweitert/ bevestiget und םילשורי Jerusalem genennet worden/ nicht/ wie etliche wähnen/daß es zu Teutsch eine Friedenburg oder Friedestadt heissen solte/ in Ansehen/ daß die Abgöttischen Jebusiter an diesen Frieden niemaln gedacht/ sondern von וארי und םלש das ist/ Fürchtet Salem/ denen/ die sich wider diese Stadt empöretẽ/ eine Furcht einzujagen. Josua kunte sie nicht einnemen. David/ als der sie belagert/ wurde schimpflich gnug von ihnen angelassen/er solte nur mit seinen armen Leuten zu Hause bleiben/ die Blinden und Lahmen/ die in der Stadt weren/würden ihn abtreiben/ 2. Sam. 5. v. 6.

8 Sind Völker in Persien/ derer Haubtstadt heissetHecatompylos, weil sie hundert Thore hat.

9 Ist/ was der Lateinische Poet saget: Sole perustus Arabs. Es sind aber unterschiedliche Arten der Mohren/ darvon können die Landerfahrnen zu Rahte gezogen werden.

10 Hirkania ist eine fruchtbare und ebene Landschaft in Asien/ gegen Morgen stösset an sie das Hirkaner oder Caspische Meer. Besihe D. Flemming in der Persischen Reise.

11 Tigris ist ein treflicher Fluß/ heist von der Geschwindigkeit also (denn Tigris ist bey den Meden ein Pfeil) er entspringet in Armenien auß einem klaren und hellen Brunnen/ rinnet anfänglich stille/ gehet durch den See Arethusa/ derer beiden Fische sich doch niemaln vermengen/ die so in dẽ See/ treten nicht in den Fluß/ noch die in dem Flusse/ in den See/so bald er an den Taurus kömt/ fält er in eine Klufft/auf der andern Seitẽ steiget er mit Vngestüm wieder herauß/ darnach geht er 25 Meilen unter der Erden in verborgenen Gängen/ so bald er wieder gesehen wird/giessen sich viel Flüsse in ihn auß/ er unterscheidet Syriẽ und Mesopotamiẽ/ der Frat und Hydaspes fliessen auch in ihn/ mit diesen geusset er sich mit zweyen gewaltigen Strömen in das rohte Meer: Cluverius.

12 Es sind zweyerley Libyen/ das innere und eusere Libyen. Im inneren Libyen wohnen Völker/ welchen kein Gifft schadet/ das eusere Libyen stösset an Morenland/ da die Leute vor grosser Hitze in den Hölẽ wohnẽ. In derer Haubtstadt Garamant ist der Brunnen Dubris/ der deß Tages zehenmal eiskalt/ und deß Nachts zehenmal fiedendheiß wird.

13 Ist eine auß den fünf Städten Libyens/ von Pferden berühmt. Auß dieser Stadt ist bürtig gewesen Simon/der dem Herrn Christus das Zwergholtz deß Creutzes nachgetragẽ. Es hat diese Stadt eine eigene Schule zu Jerusalem gehabt/ in Apost. Gesch. am 6. vers. 9. Warüm aber Gott der H. Geist am Pfingstfeste/ da allerley Volk/ das unter dem Himmel ist/ zu Jerusalem war/ außgegossen worden/ ist dieses die Vrsache/daß/ wie er im Osterfeste gelidten und gestorben/ also daß die gantze Welt diesen Christum sehen am Creutze hangen: Also muste nun auch die Lehre dieses Christus die gantze Welt hören/ und mit diesen Völkern außgehen in alle Lande/ und lauffen biß an der Welt Ende.

14 Freilich wol kunte ein jeder Apostel mit Elihu sagen: Ich bin der Rede so voll/ daß mich der Athem in meinem Bauch ängstet/ Sihe/ mein Bauch ist wie der Most/ der zugestopffet ist/ der die neuen Fasse zerreisset/ Hiob. 32. vers. 18. 19. Granatensis.

15 Freilich waren sie trunken vom Himmel/ der Herr hat ihnen volleingeschenket/ Ps. 23. daher vergassen sie ihres Leides/ was sie bißher verschwiegen/ das breitetẽ sie jetzo auß/ sie waren frölich und getrost/die vor einfältigen Laien vberteuben jetzt die scharfsinnigsten Redner und aufgeblasenen Fariseer.

16 Es war nunmehr an dem/ daß das Schifflein Christi ablauffen/ und mit der Lehre deß H. Evangelii in die weite Welt hinschiffen solte/ darüm war hierzu ein starker Wind von nöhten. Diß liebe Kirchenschiff hatte bißanhero geankert und auf guten Wind gewartet/ nun hebet er an zu blasen/ und zwar zimlich stark/alsbald hört man den Klang der Trommeten/ das Geschrey der Boßknechte/ die Anker werden aufgezogen/der Mastbaum aufgerichtet/ die Segel außgespannet/der Schiffmann stösset ab/ das Schiff laufft auß dem Port/ getriebe von dem Geist deß Herrn/ begleitet von den Engeln/ und sol in denen seligen Inseln deß Himmels anländen. Stegmann im Schwanen gesange.

17 Flaggen sind allerhand bunte Fähnlein/ welche theils zum Zieraht/ theils die Schiffe dabey zu erkennen aufgestekket werden. Flemming über die Salven vor Astrachan:

Der Spiele lauter Lerm/ der Flaggen rohtes Blut/

Der Haken tunkler Blitz/ der Stükken trübe Glut/

Das macht euch keine Furcht. – – – –

18 Es wird der H. Geist und die Lehre deß H. Evangelii/ die er mitgebracht/ mit einem fruchtbaren kühlen Abendregen verglichen/ Ps. 68. v. 10. Esa. am 55. v. 1. Vida im Lobgesange deß H. Geistes:

Tu matutinus, tu vespertinus, & imber

Aureus ille venis cœlo, sitientia corda

Nostra rigans, lætisque feracia frugibus exples.

19 Wenn nun keine Hertzstärckung/ kein Lebenswasser/ kein Trinkgold mehr fruchten will/ da muß Gott der H. Geist das Beste thu. Wenn uns Vatter/ Mutter/Bluts- und andere Freunde verlassen/ wenn die Augen brechen/ die Zunge stehet/ die Lippen verblassen/ die Lunge rasselt/ das Hertze pochet/ Hand und Fuß erstorben sind/ da flösset uns Gott der H. Geist die kräftigsten Labsprüche ein/ die da in der letzten Todesstunde Zeugnis geben unserm Geist/ daß wir Gottes Kinder sind. D. Förster im Festschreinlein.

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