[269] Unsre Sprache

An der Höhe, wo der Quell der Barden in das Thal
Sein fliegendes Getöne, mit Silber bewölkt,
Stürzet, da erblickt' ich, zeug' es, Hain!
Die Göttin! sie kam zu dem Sterblichen herab!
Und mit Hoheit in der Mine stand sie! und ich sah
Die Geister um sie her, die den Liedern entlockt
Täuschen, ihr Gebild. Die Wurdi's Dolch
Unschuldige traf, die begleiteten sie fern,
Wie in Dämrung; und die Skulda's mächtigerer Stab
Errettete, die schwebten umher in Triumph,
Schimmernd, um die Göttin, hatten stolz
Mit Laube der Eiche die Schläfe sich bekränzt!
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Den Gedanken, die Empfindung, treffend, und mit Kraft,
Mit Wendungen der Kühnheit, zu sagen! das ist,
Sprache des Thuiskon, Göttin, dir,
Wie unseren Helden Eroberung, ein Spiel!
O Begeistrung! Sie erhebt sich! Feurigeres Blicks
Ergiesset sich ihr Auge, die Seel' in der Glut!
Ströme! denn du schonest dess umsonst,
Der, leer des Gefühls, den Gedanken nicht erreicht!
Wie sie herschwebt an des Quells Fall! Mächtiges Getön,
Wie Rauschen im Beginne des Walds ist ihr Schwung!
Draussen um die Felsen braust der Sturm!
Gern höret der Wandrer das Rauschen in dem Wald!
Wie sie schwebet an der Quelle! Sanfteres Getön,
Wie Wehen in dem tieferen Wald' ist ihr Schwung.
Draussen um die Felsen braust der Sturm!
Gern höret im Walde der Wanderer das Wehn.
Die der Fremdling nicht entweiht, (Teutonien erlag
Nur Siegen, unerobert!) o freyere, dich
Wagte der geschreckten Fessel nicht
Zu fesseln! Die Adler entflogen, und du bliebst,
[271]
Die du warest! An dem Rhodan klirret sie noch laut
Die Kette des Eroberers! laut am Ibeer!
Also, o Britanne, schalt dir noch
Der Angel und Sachse mit herschendem Geklirr!
So bezwang nicht an des Rheins Strom Romulus Geschlecht!
Entscheidungen, Vergeltungen sprachen wir aus,
Rache, mit des Deutschen Schwert, und Wort!
Die Kette verstumte mit Varus in dem Blut!
Die dich damals mit erhielten, Sprache, da im Forst
Der Weser die Erobererkette versank,
Schweigend in der Legionen Blut
Versank, sie umhüllt die Vergessenheit mit Nacht!
Ah die Geister der Bardiete, welche sie zur Schlacht
Ertöneten dem zürnenden Vaterlandsheer,
Folgen mit der Todeswunde dir!
Ha Norne, dein Dolch! Wirst auch diesen, so sie klagt
Die vertilgten, du vertilgen? Bilder des Gesangs!
Ihr Geister! ich beschwör' euch, ihr Genien! lehrt,
Führet mich den steilen kühnen Gang
Des Haines, die Bahn der Unsterblichkeit hinauf!
[272]
Die Vergessenheit umhüllt', o Ossian, auch dich!
Dich huben sie hervor, und du stehest nun da!
Gleichest dich dem Griechen! trotzest ihm!
Und fragst, ob wie du er entflamme den Gesang?
Voll Gedanken auf der Stirne höret' ihn Apoll,
Und sprach nicht! und gelehnt auf die Harfe Walhalls
Stellt sich vor Apollo Bragor hin,
Und lächelt, und schweiget, und zürnet nicht auf ihn.

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TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Oden. Erster Band. Unsre Sprache. Unsre Sprache. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B4A0-4