[97] Von Herrn Peter und der schönen Margaretha

Schwedisches Volkslied.


Herr Peter und schön Gretchen, sie saßen bei Tisch.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sie kosten, sie scherzten froh und frisch.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Herr Peter sprach zu dem Liebchen sein,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Nächsten Sonntag soll meine Hochzeit seyn.« –
Herallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
[98]
»Soll nächsten Sonntag eure Hochzeit seyn,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ihr vergönnet mir wol, dabei zu seyn.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
»Meine Hochzeit wird tief ins Land hinein.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Es paßt dir nicht, dabei zu seyn.« –
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
»Wird eure Hochzeit gleich tief ins Land hinein,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Es paßt mir doch dabei zu seyn.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen erschrak ob solcher Mähr.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Das Herz ward ihr so voll und schwer.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[99]
Herr Peter wohl über die Tafel sprang.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ihm klirrten die Sporen, das Gewölb' erklang.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Herr Peter hinaus zur Thüre sprang.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Es krachte die Füllung, das Schloß erklang.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Er rennt in die Koppel und sattelt sein Roß.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen:
Er reitet und reitet, und erreitet sein Schloß.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen tritt heraus zur Thür,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sieht weinend ihn reiten und sieht ihn nicht mehr. –
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
[100]
Herr Peter hält alles zur Hochzeit bereit.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Schön Gretchen bestellt sich ihr Hochzeitkleid.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Ihr Röcklein war von güldenem Stab.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Von grünem Scharlacken ihr Leibchen knapp.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Ihr Latz war mit Gold und Perlen gestickt,
Treu Lieb' laß dein Leid uns ermessen!
Die Arme mit demant'nen Schnallen geschmückt.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Herr Peter schickt alles zur Hochzeit an.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Schön Gretchen läßt ihren Klepper beschla'n.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
[101]
Schön Gretchen reitet vors Hochzeits Thor,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ein sauberes Bürschchen tritt höflich hervor.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen bindet ihr Roß an das Gatter-Thor.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sie kämmet und kräuset ihr goldgelb Haar.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Schön Gretchen tritt weinend in Herrn Peters Hof.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Es flimmern die Schnallen, es rauschet der Stoff.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[102]
»Geh' Bürsch'chen ins Hochzeithaus hinein!
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sprich, draußen hält ein Mägdlein hübsch und fein.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
»Hält draußen ein Mägdlein hübsch und fein?
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermssen!
Sie sey willkommen, sie trete herein!« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen trat herein zur Thür,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Da brannten die Backen ihm und ihr.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
»Schön Gretchen, du sollt willkommen seyn,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ich schenke dir Meth, ich schenke dir Wein.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[103]
»Ich begehre nicht Meth, ich begehre nicht Wein,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ich begehre zu sitzen bei dem Bräutchen dein.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
»Du darfst nicht sitzen bei dem Bräutchen mein,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Geh in Keller und hol' uns Meth und Wein!« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen mußte in Keller gehn,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Man sah' die Augen ihr übergehn.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Die Braut sprach zu der Diener Zween,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Wer ist die Jungfrau fromm und schön?« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[104]
»Herrn Peters Schatz ist's, reich und schön,«
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Sie ist gekommen, die Braut zu sehn.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
»Mehr werth als Herrn Peters Haus und Hof
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ist ihres Röckleins goldner Stoff.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
»Mehr werth als Herrn Peters Land und Sand
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ist die Spange, die ihren Fuß umspannt.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Sie tranken Einen Tag, sie tranken zween.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Die Braut nicht mochte zu Bette gehn.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[105]
Und als es Abend am dritten ward,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Zu Bette verlangte dem Mägdlein zart.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Sie führten die Braut in Bräut'gams Haus.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Schön Gretchen trug Fackeln und Kerzen voraus.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
Es setzt sich auf einen Stuhl die Braut,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Schön Gretchen zog Schuh und Strümpfe ihr aus.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Sie brachten die Braut und Bräut'gam zu Bett.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Schön Gretchen sie beide zudecken thät.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
[106]
Schön Gretchen trat hinaus zur Thür.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Gute Nacht, ich seh' euch nimmer mehr.« –
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Schön Gretchen ging in Garten, der Mond schien klar.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sie erhing sich mit ihrem goldgelben Haar.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Herr Peter hinaus zur Thüre sprang.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Es krachten die Dielen, das Schloß erklang.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Er rannt' in den Garten, der Mond schien klar.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Da hing sie an ihrem goldgelben Haar.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen. –
[107]
»Wie hangst du, mein stolzes Gretchen, hier?
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Ich war so hold im Leben dir.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Er ließ graben ein Grab so lang als breit.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Hie wollen wir liegen Seit' an Seit'.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Er ließ graben ein Grab, so breit als lang.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
»Hie wollen wir schlafen nach Qual und Drang.«
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Er stemmte sein Schwert wohl gegen den Stein,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Er stach es sich tief ins Herz hinein.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
[108]
Er stemmte das Schwert wohl gegen den Baum.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Aus war sein Leben, erfüllet sein Traum.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Und als es tagte den Morgen darauf,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Drei Leichen lagen in Herrn Peters Haus.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Herr Peter und Herrn Peters Liebchen traut,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Herr Peter und Herrn Peters junge Braut.
Herzallerliebster, ich kann dich nimmer vergessen.
Sie nahm sich zu Herzen die bittere Noth,
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Sie grämte so sehr sich, sie grämte sich todt.
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.
[109]
Das Liedchen ist aus, die Leute sind todt.
Treu Lieb', laß dein Leid uns ermessen!
Bewahre uns Gott vor so bitterer Noth!
Herzallerliebster, dich kann ich nimmer vergessen.

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TextGrid Repository (2012). Kosegarten, Gotthard Ludwig. Gedichte. Gedichte. Von Herrn Peter und der schönen Margaretha. Von Herrn Peter und der schönen Margaretha. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B79C-5