Der 13. (58.) Kühlpsalm

Als er auf einer seite di zeitung: Rothe bekennet sich von falschen Geistern, Gesichtern, Träumen betrogen, alles zum feuer destinirend: voller verwundern höhrte mitten in unser überwindung: und auf der andern seite Hertzoge sich einfinden sahe um den Paradisischen Lilienrosengarten fortzupflantzen; in erinnerung seines Gröninger-Enkhuyser und Londnerbromlerkühlpsalmes Gottlobende quinarisiret zu Lutetien den 7. 8. 9. 10. 11. Febr. 1680.


1.
Gottlob, mein Vater kommt, den ich anrif zum Richter,
Als Satan mich zum Abgrund listig senkt!
Gott öffnet durch si selbst desfalschen schlags gesichter!
Nun sind beschmertzt, di mich zuvor gekränkt.
Ihr netze wird entnetzt:
Leid hat si rings umsätzt.
Di Gottes Geist in mir so trutzig widerstanden,
Di werden nun zun schanden.
Was fälschlich man mir zugedacht,
Hat Gotteszorn auf si gebracht.
2.
Jehovah hats erfüllt, was er zu mir gesprochen:
Er war mit mir, das Furcht zurükke fil.
Wi Gott mirs zugesagt, so werd ich nun gerochen:
Ich stehe fest, weil Gott ist nur mein zil.
Gott stärket mich mit krafft:
Nimmt unsre Feind in hafft.
Di hülfe aus der höh erhältet mich genädig,
Gibt mich von schulden ledig:
Als alles scheint von mir verwendt,
So bin ich gleich an Port gelendt.
3.
Si sind zu spott und schmach, di mir sich gram erzeigten:
Si sind zu nichts, di mich als nichts verschmäht.
[297]
Di Leute kommen um, di mich voll haders beugten:
Di zänker sind nun weg von ihrer stätt.
Di wider mich gekämpfft,
Hat Gott nun meist gedämpfft,
Sein eifer frisset weg, di mich einst wolten fressen:
Si werden schnell vergessen.
Ein ider findt verdinten lohn:
Mein Gott schenkt mir di Sigeskron.
4.
Wo sind di Träumer nun, di wider mich geträumet?
Si schämen sich, di mir erwekkten scham.
Der Feinde wurtzel dorrt, imehr mich Gott aufbäumet:
Di Nachzeit gibt, was mir di Vorzeit nahm.
Gott drischt durch mich bald Berg:
Di Risen sind nur zwerg.
Was stoltze saganim? Gott wird euch strakks zertreten!
Eur unkraut recht ausjäten!
Gott rufft vom Nord und sendt vom Ost,
Was euch verbittert kost und most.
5.
Jehovah, dein ist Alls! dir werd ichs widergeben!
Gebrauche mich zu deinem heilgem Lob!
Nihm mich, Dreieiniger! Ich opffre dir mein leben!
Gib Jesus Geist, der dich allein erhob!
Dein sei der Ehrenruhm,
Als nur dein Eigenthum!
Drum preiset Gott mit mir, ihr Himmelhimmelhimmel!
Ihr tausend Erdgewimmel!
Gott hilfet seinen Heilgen aus,
Das welt und Höll ist endlich graus.

Erster Gegensatzheil.
1. 6.
Wahr ist, mein Vater hat mein Leid in freud verwandelt:
Er drükkt mit recht, di unrecht mich verdrükkt.
Allein, O Jesus Christ, der du bist mordgehandelt,
Erbarme dich, eh si sind weggerükkt.
Geduldigs Gotteslamm
[298]
Am bluttig Kreutzesstamm!
Ich flehe dich mit ernst ums fünffe deiner wunden,
Di du vor mich empfunden!
Ach las dein Recht zurükke stehn,
Eh unsre Feinde gantz vergehn.
2. 7.
Du hast, gerechter Gott, zun Dinern si gebrauchet,
Als ich dein feur ohn si entflogen wär!
Ihr neid that mir vil gutts, ob er mich schon durchrauchet!
Si prüfften mich durch ihre Teufelheer!
Ich ward dadurch bewährt,
Durch was si nun verzehrt!
Drum bitt ich dich, mein Gott, um Jesussterbensnöthen!
Ach tödte nun ihr tödten!
Las deine Rache sein gehemmt,
Eh solche flutt si gantz verschwemmt.
3. 8.
Imehr si mich beschwärtzt, imehr entstund mein weissen,
Weil Satan sich, nicht mich, durch si gestürtzt!
Du woltst sein gaukelnetz aus ihnen selbst zerreissen!
Si haben sich, nicht mich, so bald entschürtzt.
Was über mich gesehn,
Wil sich auf si ausdrehn.
Wi si mich höllenvoll in ihrem trug gemahlet,
Das hat si selbst umschalet.
Si haben mir so sehr genützt!
O Gott, verzeih, eh si entstützt.
4. 9.
Di warheit kan durch si sich herrlichst durchgoldrosen!
Ihr heilger schmukk ward nun erst angelilgt.
Des grimmes stechen half mehr als ein freundlibkosen!
Di vile schuld hat meine schuld getilgt.
Di zentnerschwere last
Hat si, nicht mich, erfast!
Dein zorn, der si ergrif, ergreifft nur mein vergreiffen,
Und brachte reiffers reiffen.
Drum Jesu komm, eh si zumatt!
Si schmekken nun der straffen satt.
5. 10.
Wahr ist, si haben sich, mein Gott, sehr hoch vergangen,
Als si dein Werk vertraten ungezihmt.
Ach wende deinen zorn nur auf di höllsche schlangen!
[299]
Si haben si durch neidisch trug entblümt!
Beblümet uns so schön
Zu deinem Lobgethön,
Dann alle welt wird bald von solchen listen schallen,
Erschallend gegenhallen,
Das du davor wirst sein gepreist,
Gott Vater, Sohn und Heilger Geist!

Zweiter Gegensatztheil.
1. 11.
Gerecht sind Gottesweg auf allen seinen wegen:
Gerecht sein Recht, das sich am unrecht rächt.
Was aus dem Satan kommt um Gotteswerk zulegen,
Wird ewiglich höchstbillich streng geschwächt.
Di Schrifft im Todesbuch
Ist Gott auch gutt geruch.
Der sünder frevel wird zur Gottesehr ausstrekken,
Der Gotteswerk wil flekken.
Der eine Höll auf Erden baut,
Wird recht auch höllisch angeschaut.
2. 12.
Ein Nehemias seufftzt vor seinem Gott höchstbillichst,
Das Gott gedenk an der Propheten träum,
Di ihn ableiten wolln, als er vor Gott höchstwillichst,
Durch falschgesicht und offenbahrungsseim.
Als vil Delaja log,
Das man ihn nur verzog.
Als hoch Noadja schrekkt, als wann es Gott geboten,
Das von dem Drach, dem ROTHEN!
Als falschgesicht und falscher sinn
Gesehen ward nur um gewinn.
3. 13.
Wi schrekklichgrausam ist, wann die Propheten schälke?
Vil tausend falln durch solche Teufelstükk.
Man spricht zur distel, blüh; zur Lilgenrosen, welke!
Nennt höllisch ach! di lichsten himmelsblikk.
Das gantze Volk verlaufft
[300]
Dem Satan halb verkaufft.
Di schwangern misgebährn, ob si vom heilgen schwanger,
Auf disem höllschem anger.
Weh deme, der noch erstlich saugt!
Ach er empfängt, was gantz nicht taugt!
4. 14.
Gott ist ein Teufel dann: Vorurtheil das erwächset.
Vorm eigenwort ist Gotteswort gering.
Imehr fällt mancher aus, imehr er Gott nachlächset,
Weil falschheit wird mit Gotteswort ein ding.
Es ist das Eigenichts
Ein Engel voller lichts.
Gott zörnet auf das Volk, weil es gewesen zunder,
Gibt ihnen Abgrundswunder:
Es ist der falschen Geister Aas,
Bis überfüllet wird ihr Mas.
5. 15.
Gerecht ist Gotteszorns erschrekkbar ungewitter!
Gott donnert recht auf Falschprophetenköpff:
Tischt ihnen Gallenvoll, wi si sind gallenbitter;
Vergilt mit feur vom feuer ihrer näpff.
Verwirrt, wi si verwirrt:
Verirrt, wi si verirrt.
Sein grimm verlachet di, di Gott zuvor verlachten:
Er läst si jammerschmachten.
Gottsurtheil wird gerecht erkand:
Nun siht das Volk, wen Gott gesand.

Erster Zusatztheil.
1. 16.
Ja, Vater! Vater, ja! Du bist so sehr aufzehrend
Als deine gütt ist deinem Volke gros!
Wi hoch di rechte hand ist guttes gutts gewährend,
So hoch ist auch di link erbarmungslos.
Allein ich fall zu fus
Und bitt um Jesuskus,
Den süssen, den er gab dir, Vater, vor uns sündern,
Um ihre straff zumindern.
[301]
Ach handle nicht, wi si verdint!
Sonst bleiben ewigst si entgrünt.
2. 17.
Vil tausend haben sich, mein Gott, zwar hoch vergriffen,
Das finsternis mit recht sei ihre Sonn:
Doch haben si dadurch, mein Gott, uns ausgeschliffen;
Geschliffen nun zu aller Völker wonn.
Ihr hunger wird sehr stark:
Frisst auf ihr Seelenmark.
Di warheit weichet weg. Si taumeln und sind trunken,
In deinem zorn versunken.
Benüchtre, Gott, mein Gott, ihr hertz,
Eh si aufflügen durch di kertz.
3. 18.
Du hast si, Gott, verstokkt, wi si sich dir verstokket,
Das si dein Werk anschauende nicht schaun.
Si sind an Pharonsblokk Pharonisch angeblokket:
Vertrauen sich, wo si nicht sollen traun.
Der falscher Geister strahl
Vergrössert Noth und qual.
Gesichter sind gemein; von Engeln redet ider.
Ein Spil sind heilge Lider.
Hilf ihnen, Gott, um Jesussig,
Eh gegen Gott si führen Krig.
4. 19.
Mein Vater, wo du nicht di trübsalstage kürtzest,
Und A.H.A.B.svolk Eliasopffer gibst:
Durch geister fort den zorn in deinem zorn ausstürtzest,
So fallen weg, di du, mein Vater, libst.
Das Bös und gutt wird eins:
Man glaubet endlich keins.
Man hält sich noch an schrifft: Woran, wann si verdorben,
Wo nicht ihr kern erworben.
Mein Vater! komm, di zeit ist bang:
Was flügelschnell, wird nun zu lang.
5. 20.
Das gutt ist gutten nun ein zweifel fortzuzeugen,
Weil Satan heut solch Englisch antlitz nimmt.
Nun nahet Lucifer zum erstem Königsreigen,
[302]
Ob nimmer gutt und böses ewigst stimmt.
Es wird nun allem alls
Verwikkelt tausend falls.
Jehova Jesus, komm! Jehova Jesus, eile!
Jehova Jesus, pfeile!
Komm, Vater, komm! di zeit ist da!
Di nähste hülf ist spät, nicht nah.

Zweiter Zusatztheil.
1. 21.
Gott zündt di städte an, di ihn vor angezündet:
Stösst aus das Volk, das ihn zuvor ausstis.
Wer nur auf sandicht grund, nicht Christi felsen gründet,
Der hab und hab auf ewigst den Verlis.
Wer Gottes Rath nicht höhrt,
Sei ewig auch verstöhrt.
Di ihren willen Gott nach freier lust entzogen,
Sind ewigst recht verflogen.
Wer Gottestribe höllisch schalt,
Ist recht, das ihm di höll vergalt.
2. 22.
Gottlose müssen recht durch sich selbst sich zerscheitern:
Ihr untergang verherrlicht Gottes Reich.
Was si verängern wolln, das werden si ausweitern:
Ausläutern recht, bis es dem Golde gleich.
Schau, wi den Narrheit höhnt,
Der weisheit vor entthrönt!
Di ihrem willen nicht dem Gotteswerk aufgaben,
Seht, seht vor Wen si draben?
Si müssen Gotteszorn ausführn,
Und ewig sich dadurch verlihrn.
3. 23.
Spricht Pharo: blutt ist blutt: das doch aus wasser worden!
Wolan, sein Blutt wird wasser mit der See.
Das ungezifer rafft zum ungezifer Orden:
Di Pest zur Pest, da Pest ist i und eh;
Das finstre, wo es haust:
Kurtz: Ides, wo es graust.
[303]
Mit Pharons Erstgeburt löst Gott di Erstgebohrnen
Des Volkes, des erkohrnen.
Wer Gott nicht in Natur erkennt,
Der werd auch mit Natur geblendt.
4. 24.
Di siben tausend sind noch unter den Baaliten,
Di ohne Baal, ob si dem Baal in arm.
Gott weist di seinigen selbst unter Jesuiten:
Di sind ein greul, di weder kalt noch warm.
Ein Heuchler ist verflucht;
Wird tausendfach versucht;
Versucht, imehr er sucht mit gutten sich zumengen;
Wird immer mehr sich sengen.
Di volle lampe fakkelstrahlt,
Imehr si schwartzes schwartz ummahlt.
5. 25.
Di zigel duppeln sich: nun wird Gott Mosen stärken.
Es ist A.L.L.S. auf: Elias kommt herbei.
Samaria ist weg: Elisa wird gleich werken:
Das Angstband bindt: nun kommet an gleich Frei.
Printz Fridrichs Freiburg hellt,
Wann zehnfach si durchellt.
Jehovens gnadenrhein durchrheint, wann mangereinet,
Und lauter ausgefeinet.
Wann Ost und Nord alls aufgetischt,
Dann Kühlt hir Ost, wann Nord dort frischt.

Amsterdammscher Kühl-Nachklang, an Rothe, Tanneke, Holgrafen, Brekling, Badhors, Polier, und allen ihren Anhang, beigesätzet den 26. Oct. 1684.


Vorboten, ach! Mein Vater kommt als Richter!
Fallt Gott zun füssen, fallt, eh ihr gantz aufgezehrt.
Eur pressen hat mir ernst herausgepresset,
Weil euer Neid und eigenwill euch fällt.
Weh Brekling, Badhors, Polier!
Gerecht ist Gottesrach! Ich weist euch nicht zurathen!
Der Ost und Nord kommt an! Tinctur gibt Gott zur kühlung!
Mit Behmen waristwird begeistert neu der Böhmer.

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Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 1. Virdtes Buch. Der 13. (58.) Kühlpsalm. Der 13. (58.) Kühlpsalm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B9FB-1