7. Der sibentag oder Sonnabend
25. Sibentagsabendtheil

1. 145.
Abscheide dich gantzunergründlich
Von dir, das du dir unempfindlich;
Von allem zeitgeschaffnem gutt,
Trost, Reichthum, Ehre, Blutt und Mutt;
Von Büchern, Künsten, Sinnen, mängeln;
Von Freunden, Menschen, Geistern, Engeln;
Von aller neigung lustbegird;
Bis gantz verläugnet eigne zird,
Bis Gott besitz di Seel volkommen,
Wann er in dir sein Reich vernommen.
2. 146.
Bloswarte nur ohn eigenwählen,
Wann Gott sich wil mit dir vermählen:
Verläugne dich mit seel, leib, geist,
Und dich als dich drauf allermeist.
Bequeme dich ohn ein bequemen
In Gottes geben oder nehmen.
Nachaffe nichts nach eigenlib,
Und deiner seelen selbstheittrib.
Bloslasse dich dem Gottes-wille
Mit stillsterstillsterstillster stille.
3. 147.
Christgleiche, wann dich Gott erreget,
Und sich in dir aus dir beweget
Mit seiner heilgen Wunderkrafft,
Di tausendtausend kräffte schafft.
Gib ehre Gott, der durch dich werket,
Das er nur sei, der dich gestärket;
[277]
Das du sein Werkzeug auf der Erd,
Und diser gnaden nimals werth;
Das Gott davor nur sei erhoben,
Und alles Volk müss ihn beloben.
4. 148.
Danksage Gott aus Gotteshertze,
Der deine Sonn und du di Kertze,
Mit was vor licht er dich anstekk,
Und welche flamm er auch aufwekk.
Rechtunaussprechlichs Libgenüssen,
Das Gott in dir sich wolt ausgüssen,
Wi seiner Majestät gefihl,
Zu seiner freuden zil und spil.
Drum sei vor solche gnad ihm dankbar,
Und im danksagungslob unwankbar.
5. 149.
Erstarre Gott in Gottes Wesen,
Aus Gott durch Gott in Gott genesen,
Ob alles dir wär offenbahr,
Was kommt und ist und imals war.
Schreit ewigst nicht aus dem erstarren,
Und kindeinfältigst Gottes harren,
Von deines Vatern Wonn besonnt,
Von deines Vatern Sonn bewonnt.
Gott ist allein. Gott ist mittheilbar.
Wo du selbst würkst, so ist unheilbar.
6. 150.
Freimache dich vom eignem schmükken,
Und von den eignen hoffnungsblikken;
Erlerne kindlichst himmelwitz
Vom Adams fall und Satans blitz.
Si hofften beide zubestehen,
Und wolten sich Gott gleich erhöhen:
Doch fingen si sich in dem band,
Das ihnen gäntzlich unbekand,
Das gutte ist des Bösens rigel:
Di Warheit bleibt der Falschheit zügel.
[278]

26. Sibentagsnachttheil

7. 151.
Gehorsam als dein kindrecht fodert,
In libesflammen neubelodert,
Um deines Vatern libesbrunst,
Und ewigstgrössre Gnadengunst.
Gott hat in dich sich ausgeflossen,
Und dich mit sich so mild durchgossen,
Aus libeslibeslibes art;
Auch ewigstmehr sich dir verpaart.
Gott wil uns ewigst süsser treuffen,
Weit über der Geschöpff begreiffen.
8. 152.
Harthalte dich in deinem innern
Weit über euserlich erinnern,
Weit über euserliche Wort,
Das du bestehst an deinem Ort.
Gott ist, den du allein must meinen.
Gott ist, dem du allein solst scheinen
In Gott aus Gott zu Gotteslob,
Wi ihn di Ewikeit erhob.
Gott ist, den du, nicht dich, solst ziren,
Wo Gott dich sol mit Gott durchrühren.
9. 153.
Inlasse nicht ins seelenzimmer
Den allerkleinsten Ichheitglimmer,
Weil ihn dein zunder heimlichst fängt,
Der dich gefährlichst leicht versengt.
Ein fünkchen ist sehr leicht gefangen,
Noch leichter in di loh aufgangen:
Wo man dasselbe einst einlässt,
So ists in uns, das dis aufbläst.
Ein fünkchen in das pulver tragen
Macht alles pulver gleich aufschlagen.
10. 154.
Klahrwerde von dem klahrem klahren,
Des klährstenklährstenklahrauffahren,
Das klährer seine klahrheit klährt,
[279]
I klährer klahr sein klahr gebährt.
Schöpff ewigst klahr vom klahrtriangel,
Da klahr im klahr wächst ohne mangel,
Im klahrstenklahrstenklahrsten meer
Der klährstenklährstenklährsten klähr,
Di ewigewigewigst klährer
Wird ihrer klahrheit selbstgebährer.
11. 155.
Libküsse Jesus süsse tribe
Der süstensüstensüsten Libe
Mit ewigsüsserm Jesuskus
Im ewigsüssern Libesflus.
Libquelle Jesuslibe liber,
Imehr si quillet ewigst über,
Imehr si ewigst dich libküsst;
Libküssend ewigst dich durchsüsst;
Durchsüssend ewigst dich umhertzet;
Umhertzend ewigst in dich stertzet.
12. 156.
Machtzeige Gottesmacht allmächtig,
Das Gott in dir mit dir einträchtig
Nichts anders wil, als was du wilst;
Nichts anders bildt, als was du bildst.
Dein Wollen sei nur Gotteswollen,
Aus Gotteswillen ausgequollen,
Das du mit Gott in Gott seist eins,
Und würkst als Gott und sonsten keins;
Das Gott in dir mit seinem Sohne
Und Heilgem Geist prachtherrlichst throne.

27. Sibentagsmorgentheil

13. 157.
Nachfolge stets dem Gotteslamme,
Und heng ihm gleich am Kreutzesstamme:
Erlerne voller Jesusfrid
Sein allerheiligsts neues Lid.
Dis sing, imehr es wird gesungen:
[280]
Dis kling, imehr es ist erklungen,
Mit nierklungnem lobgesang,
Mit nigesungnem freudenklang
Des HeiligHeiligHeilig schallen
Der Himmelhimmelhimmel wallen.
14. 158.
Obopffre dich zur Opffergabe
Gantzvöllig mit dem vollem habe,
Das völlig dich auch Gott empfang,
Und völlig in dir wunderprang,
Imehr er dich mit sich empfangen,
Imehr er wolt dir wunderprangen,
Als du ihm warst ein gutt geruch,
Und aufgesigelt Lebensbuch,
Bis du ihm blosser stets gerochen,
Und ewigst wirst von ihm erbrochen.
15. 159.
Preisthöne sonder alle bilder,
Im Gottespreise stündlich milder,
Ohn alle formen, ohne licht,
Ohn ides bildlichem gesicht,
In höchster nakktheit dürrster wüsten
Der milchgeleerten Glaubensbrüsten,
Bis Gott in dir sich selbst austhön,
Und deinen glauben herrlich krön
Mit formen über formgeschöpffe
Weit über alle Menschenköpffe.
16. 160.
Quellspringe ewigewigsthöher,
Als wi dein Ewikeitsvorgeher
Aus seinem eingem einesquell
Der sibeneingen dreiheitshell:
Di ewigewigewigst heller
Der hellstenhellstenhellsten Queller
In Gott aus Gott durch Gott ausqual
Vil tausendtausendtausend mahl,
Und wird quellspringen dir unendlich,
Wo si ohn raub in dir ist kändlich.
[281] 17. 161.
Reinläutre durch das schärffste feuer
Dir di vernunfft gantz ungeheuer
Rein unvernünfftig, bis si Gold,
Das alle Ader durchgerollt,
Durch siben feur aufs neu durchleutert,
Bis sein quekksilber ausgeheitert
Durchsichtig gleich dem Paradis,
Das es der Weisenstein drauf his:
So mustdu di vernunfft durchsaltzen,
Und durch zehn zirkel sibenwaltzen.
18. 162.
Sanfftruhe in Jehovens armen
Und seinem heilgen Liberbarmen,
Höchstruhig, gleich als unbewegt,
In dir von dir nur unerregt.
Gott ist ein Geist, ein sanfftes weben,
Und ruhigruhigruhges Leben.
Wo wind, Erdbeben, Feur noch da,
Ist Gottes Ruh dir noch nicht nah.
Si gehn vor ihm. Gott kommt libbrausend,
In liblichlichter still sanfftsausend.

28. Sibentagsmittagtheil

19. 163.
Treuhalte treuste treu mit treuen,
Di ewigst mehr dich wird erfreuen,
Weil Gott mehr hält, als er zusagt,
Und wahrer treue treuer tagt.
Di treue kan Gott überwinden,
Und seine stärke libreich binden
Mit ihm aus ihm durch seinen bund,
Und sein verlihnes Eigenpfund.
Di treue mag zu uns Gott neigen,
Das er sich selbst uns schenk als eigen.
20. 164.
Vereinge dich, dir unempfindbar,
Mit blosser blösse, di ungründbar
[282]
Der blöstenblösten blösse bleibt,
Das Gott in dir recht dir bekleib.
Gott ist das ein: das allereinste.
Gott schuf das ein, so uns das reinste.
So unser ein Gott mannigfalt,
Was hat nicht vilheit vor gestalt?
I blösser du dich dir entzogen,
Imehr ist Gott dir huldgewogen.
21. 165.
Werkwürke so in eusern dingen,
Das dich kein Werk nicht könn abbringen
Von Gotteszukehr im gemütt,
Von klarheit, di im Seelgeblütt.
Sei in den Werken ungeschiden
Von dem erlangtem innerm Friden.
Lass Gott um Gott. Sei unzerstreut,
Werk ohne werk zu aller zeit.
Werk voller werk in allen werken
Um Gott aus Gott auf Gott zumerken.
22. 166.
Xkreutze Christo nach am kreutze,
Das dich dein Fleisch vom kreutz nicht reitze;
Einfältig, wi dein Heiland ging,
Als er vor uns das Kreutz empfing:
Grosmüttig nach des Königs farben,
Nach den fünffachen Sigesnarben;
Hochdürstig nach der Marterkett,
Und der beblutten Schädelstätt.
Weil Jesus lid um uns di Marter,
So sei um Jesus auch ihr warter.
23. 167.
Ytrage recht di heilge Dreiheit,
Das lichte kleid der ersten Freiheit,
In deinem innerm Seelenreich,
Der unschuld vor dem falle gleich.
Sei Seelgeistleibewig im wandel!
Sei Geistseelleibewig im handel!
Sei Leibgeistseelewig im thun!
Sei Seelleibgeistewig im ruhn!
[283]
Sei Geistleibseelewig erflammet!
Sei Leibseelgeistewig bestammet!
24. 168.
Zeitende in dem innerm himmel;
(Von aussen nur am zeitgetümmel;)
Inwendig schon an Gottesschos
Und alles euserlichen los.
Sei aussen unter den vir winden:
Inwendig bei den Gotteskinden,
Bei Jesus Christ im Paradeis
Auf Henochs und Elias Reis.
Nihm, Jesus, mich in deine hände
In solchem Geist an meinem

ENDE.

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TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 1. Virdtes Buch. Der 8. (53.) Kühlpsalm. 7. Der sibentag oder Sonnabend. 7. Der sibentag oder Sonnabend. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B9FE-C