[191] 543.

Einen Stecken zu schneiden, daß man einen Abwesenden prügeln kann.

Merke, wenn der Mond neu wird an einem Dienstag, so gehe vor der Sonnen Aufgang aus, tritt zu einem Stecken, den du dir zuvor ausersehen hast, stelle dich mit dem Gesicht gegen der Sonne Aufgang und sprich diese Worte: »Steck, ich greife dich an im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.« Nimm dein Meßer in die Hand und sprich wiederum: »Steck, ich schneide dich im Namen u.s.w., daß du sollst gehorsam sein, welchen ich prügeln will, wann ich einen Namen antrete.« Darauf schneide auf zwei Orten am Stecken etwas hinweg, damit du diese Worte darauf kannst schreiben, stechen oder schneiden: »Abia, obia, sabia.« Lege einen Kittel auf einen Scherrhaufen, nun schlage mit deinem Stecken wacker auf den Kittel und nenne des Menschen Namen, welchen du prügeln willst, und schlage tapfer zu, so wirst du denselben ebenso hart treffen, als wenn er selbst darunter läge, und doch oft viele Meilen Wegs von dem Orte ist. Statt des Scherrhaufens thut's auch die Schwelle unter der Thür.

Vgl. Meier, Schwäb. Sagen, S. 245, 2.; Herrlein, Sagen des Spessart, S. 65. Das Schneiden des Steckens mit dem Gesicht gegen Sonnenaufgang hat Aehnlichkeit mit dem Schneiden der Wünschelruthe (vgl. meine Schrift: Herabkunft des Feuers u.s.w., S. 227 fg.), mit der auch dieser Stecken wol identisch ist. Einen Spruch für einen Açvatthazweig zur Vernichtung der Feinde bietet der Atharva Veda, III, 6. Vgl. meine eben angeführte Schrift, S. 224 fg. Meier, Schwäbische Sagen, I, 245, 2. »Mit einer Haselruthe, die man am Charfreitag vor Sonnenaufgang unbeschrien schneidet, kann man einen Abwesenden prügeln. Man darf nur ein Kleidungsstück ausziehen, darauf losschlagen und dabei an den Abwesenden denken, so bekommt er die Schläge. Andere sagen bestimmter so: Die Haselruthe zum Durchprügeln eines Entfernten muß eine einjährige sein, sodann muß sie am Charfreitag vor [192] Sonnenaufgang mit drei Schnitten abgeschnitten sein, wobei man zugleich nach Osten blicken und die drei höchsten Namen aussprechen soll. Will man mit dieser Ruthe nun einen Abwesenden prügeln, so nimmt man einen Lumpen, sieht nach Osten, spricht den Namen des andern aus und schlägt auf den Lumpen, solange man Lust hat. Bekommt er Löcher, so wird auch die Haut des entfernten Menschen durchlöchert.«


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 543. [Einen Stecken zu schneiden, daß man einen Abwesenden prügeln kann]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-BDDD-7