416.

Zu Velmede an der Ruhr zieht man am Ostertage hinauf nach der oberhalb des Orts gelegenen Höhle, und zwar nachdem man die Roggenfelder mit geweihten Palmen besteckt hat, damit sie reichlich tragen und ihnen kein Wetter schade. Dies geschieht in feierlicher Proceßion, und wenn dieselbe am Berge über den Aeckern angekommen ist, und nicht eher, wird mit den Glocken geläutet. In der Höhle rufen die Junfern in den fast senkrecht hinuntergehenden Gang hinab: »Velleda (!) gib mir einen Mann!« und es antwortet aus der Höhle: »Hân!« Zu gleicher Zeit geht man zu den in der Höhle und einem Nebengange befindlichen Waßerbecken und sieht zu, ob sie gefüllt oder leer sind, wonach man sich ein fruchtbares oder unfruchtbares Jahr verspricht.


So weissagt die Höhe des Waßers zu Ostern im Dilsgraben wohlfeile oder theuere Zeit, I, Sagen, Nr. 369; Meier, Gebr., Nr. 136. Da in der Höhle die Hollen wohnen (I, Sagen, Nr. 224, 225), so verdankt die Velleda sicher nur gelehrter Erfindung ihren Ursprung; ist der Gebrauch alt, so hat wol Holda, Holla einst an ihrer Stelle gestanden. Ueber Velleda vgl. Grimm, Mythologie, [144] S. 84 fg. Ueber den Zug zur Höhle vgl. man den heßischen Gebrauch bei Grimm, Mythologie, S. 553, welchen auch Lyncker (Nr. 346) aus Wigand's Archiv mittheilt: »Am zweiten Ostertage gehen die jungen Leute aus Hilgers hausen und Kammerbach zur Höhle des Hohlstein, legen einen Strauß von Frühlingsblumen in das Waßer des dort befindlichen kleinen Sees, trinken davon und nehmen auch in Krügen für die Ihrigen davon mit nach Hause. Man glaubte durch den Besuch der Höhle ohne dies Opfer Gott zu erzürnen. Hilgershausen war auch schuldig, dem Kloster Germenrode jährlich einen Strauß Maiblumen zu liefern.« Da Hilgershausen unter dem Weißner liegt, wo Frau Holle ihren Sitz hat, wird der Zug zur Höhle auch hier, wie in Velmede, der Holda gegolten haben.« Hocker (Stammsagen, S. 134) vermuthet mit guten Gründen, daß jener in der Höhle niedergelegte Strauß von Frühlingsblumen aus Maiblumen bestanden habe und der Ostara (Freyja, Holda) geweiht gewesen sei.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Zweiter Theil. Gebräuche und Aberglauben. Ostern. 416. [Zu Velmede an der Ruhr zieht man am Ostertage hinauf nach der oberhalb]. 416. [Zu Velmede an der Ruhr zieht man am Ostertage hinauf nach der oberhalb]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-BDFF-C